Dschibuti – ein Hauch von Afrika
Unser Stopp in Dschibuti diente hauptsächlich dem Auftanken und Warten auf ein günstiges Wetterfenster für die Weiterfahrt in das Rote Meer. Das Land ist nicht unbedingt bekannt für seine Sehenswürdigkeiten. Die Hauptstadt wird von Militärorganisationen und den damit verbundenen Services dominiert. Nicht desto trotz nutzten wir die Landgänge, um uns einen Eindruck von diesem Land zu machen und ein bisschen Afrika-Feeling einzusammeln .
Chaos beim Einklarieren
Doch bevor wir an Land dürfen, müssen wir erst einmal einklarieren. Dazu hatten wir unserem Agenten bereits alle Unterlagen zugesendet. Dass es am Ende einer der chaotischsten Einklarierungsprozesse werden sollte, hätte ich nicht erwartet. Aber der Reihe nach.
Agentenvielfalt
Unmittelbar nach unserer Ankunft besuchte uns unser Agent und übergab uns die bestellte SIM-Card. Super – so können wir schnell einklarieren. Er informierte uns auch darüber, dass als nächstes der PCR-Test erfolgt und anschließend unsere Unterlagen zu den üblichen Stellen (Zoll, Einwanderungsbehörde, Hafenbüro) gebracht werden. Kurz darauf war auch schon der Arzt da und nahm uns mit einem etwas außergewöhnlichen Prozedere die Nasenprobe ab. Wenige Minuten später wurden die Pässe und Schiffsunterlagen abgeholt. Bis dahin war ich begeistert von der Geschwindigkeit. Doch dann begann das Chaos.
Es stellte sich heraus, dass sowohl der Arzt als auch die Abholung der Unterlagen von einem anderen, nicht von uns beauftragten Agenten übernommen wurde. Er hatte einfach „vergessen“ uns zu fragen, ober er die Sache übernehmen sollte. Da er sich auch nach dem funktionieren der SIM-Karte erkundigte, sah es für mich und die anderen beiden Skipper so aus, als würde er mit unserem Agenten zusammenarbeiten. Dem war aber nicht so. Beide kämpften mit harten Bandagen um jeden Kunden. Kein Wunder bei 350 EUR allein für den Agenten.
Wie im Kindergarten
Nach mehreren Stunden Aufregung mussten sich schließlich die Behörden einschalten. Sie kamen mit beiden Agenten zur Aurelia. Wir mussten unseren richtigen Agenten bestätigen. Der übereifrige Konkurrent musste die Unterlagen herausrücken und das Business abgeben.
Am darauf folgenden Freitag kam das negative Testergebnis des PCR-Tests. Nun hätten wir eigentlich einklarieren können. Freitag und Samstag sind im muslimischen Dschibuti jedoch Wochenendfeiertage wie bei uns Samstag und Sonntag. Die Bereitschaft der Behörden, uns einzuklarieren war nicht zuletzt auf Grund der Aufregung am Vortag recht gering. Sie verlangten eine hohe Wochenendgebühr, deren horrenden Betrag ich schnell wieder vergessen habe, da er für uns nicht in Frage kam. Wir mussten also noch einmal 48 Stunden auf dem Schiff verharren.
Auf dem Hafengelände
Am Sonntag morgen stellte sich dann heraus, dass unser Agent über kein eigenes Boot verfügt, sondern auf auf Bekannte angewiesen ist. Von denen war am Sonntag offensichtlich niemand verfügbar. Wir mussten mit unserem Dinghy in den Hafen tuckern, in dem sich die größeren Tanker und Militärschiffe befinden. Dahinter befand sich die Einwanderungsbehörde.
Im Hafen legte sich eine dunkle, stinkende, ölige Schicht um alles, was mit dem Wasser in Berührung kam. Schlauchboot, Ruder, Leine – alles wurde grau und schmierig. Schließlich gelang es uns, zu einer Leiter zu gelangen, an der noch einige wenige Stufen zumindest einseitig Kontakt mit der Kai-Mauer hatten. Mit Hilfe eines alten verrotteten Seils und zweier hilfreicher Hafenarbeiter-Hände gelang es uns, an Land zu kommen.
Noch einmal mussten wir irgendwelche Unterlagen ausfüllen, warten und pro Person 30 Dollar bezahlen. Dann erhielten wir den ersehnten Stempel im Pass.
Erster Landgang
Unmittelbar nach dem Einklarieren im nördlichen Hafengelände ging es zurück zum Schiff. Wir machten uns fertig zu einem ersten Landgang und fuhren zur „Marina“ südlich unseres Ankerplatzes. Der Steg war mit kleinen Ausflugsbooten vollständig belegt. Doch ein netter vermeintlicher Bootseigner half uns, unser Dinghy an seinem Boot festzumachen. Dann hatten wir nach mittlerweile fast 4 Wochen endlich wieder Land unter den Füßen. Zuerst statteten wir der nahegelegenen Shopping-Mall einen Besuch ab.
Nirgendwo auf meiner bisherigen Reise war der Kontrast zwischen dem Inneren und Äußeren so groß. Die Straßen waren teilweise unbefestigt, voller Schlaglöcher und festgefahrenem Plastikmüll. Am Eingang der Mall wurde jedes Fahrzeug mit Spiegeln auch am Unterboden kontrolliert. Hat man hier Angst vor Sprengstoffanschlägen? Das Innere der Mall ist von den europäischen und asiatischen kaum zu unterscheiden. Ein voll ausgestatteter Supermarkt, Geldautomaten für Dollar und lokale Währung, Mobilfunkanbieter und viele weitere gut ausgestattete Geschäfte sind hier vorhanden. Nur Alkohol gibt es hier nicht. Dafür konnten wir nach langer Zeit wieder einmal einen Burger genießen.
Auf dem Rückweg
Der Kollege, der mir einige Stunden zuvor die Leine des Dinghys gehalten hatte, war immer noch in der Nähe des Schiffes. Er hielt die Hand auf und erwartete eine Bezahlung für die „aufwendige Dienstleistung“. Mangels Kleingeld gab ich ihm ca. 3 EUR, worauf er mich beschimpfte, dass dies viel zu wenig sei.
Leicht irritiert machten wir uns auf den Rückweg zum Schiff. Doch auch das gestaltete sich nicht so einfach. Die Coast Guard schrie und hinterher, so dass ich noch einmal umdrehte. Wir wurden recht energisch darauf hingewiesen, dass wir uns an- und abzumelden haben, wenn wir an Land wollen, dass wir auf dem Dinghy eine Rettungsweste tragen müssen, eine Lampe dabei haben müssen, aber nur bei Tageslicht fahren dürfen. Ich biss mir ob der fehlenden Logik kräftig auf die Zunge, nickte nur und fuhr zurück zur Aurelia. Bei dieser Begrüßung werde ich nicht warm mit diesem Land.
Einprägsamer Stadtbummel
Ein längerer Stadtbummel am nächsten Tag verstärkte den Eindruck einer extremen Spreizung zwischen Arm und Reich. Wobei auch Arm und Reich anders definiert sind als in Europa. Der durchschnittliche Dschibuti-Einwohner verfügt über etwa 10% der Kaufkraft eines Europäers. Da ein großer Teil der kaufkräftigen Einwohner aus Europäern und Angehörigen der zahlreichen Militärbasen besteht, wird die Kaufkraft für einen Großteil der Bevölkerung eher so um 1% liegen. Dies sollte man im Hinterkopf haben, wenn man durch die Stadt bummelt, von Kindern angebettelt wird und Erwachsene ungefragt überteuerte Dienstleistungen erbringen, die woanders als Freundlichkeit interpretiert werden.
Diesel bunkern
Auf dem Weg nach Djibuti hat uns der Wind oft im Stich gelassen. Unsere Dieseltanks sind nahezu leer. Um den Aufwand und die Kosten für den Transport im Rahmen zu halten, legten wir gemeinsam mit zwei weiteren Crews unsere Kanistervorräte zusammen und fuhren mit einem vom Agenten organisierten Boot und Jeep zur Tankstelle. Einmal mehr machten wir den Fehler, die Preise für die Dienstleistung nicht bis ins letzte Detail vorher abzusprechen. Am Ende bezahlten wir etwa 3x soviel, weil der vereinbarte Preis nicht insgesamt, sondern von jedem Boot einzeln eingetrieben wurde. Immerhin revanchierte sich unser Agent mit einem gemeinsamen Essen in der Innenstadt von Djibuti.
Videoabend auf der Wind Hog
Gern würden wir zügig weiter segeln. Doch das Wetter lässt uns noch nicht. Zu starker Wind aus dem Norden zwingt uns zu ein paar weiteren Wartetagen. Wir nutzen die Zeit für einen gemütlichen, entspannten gemeinsamen Videoabend auf der Wind Hog.
Abreisevorbereitungen
Neben ein/zwei weiteren Landgängen bereiteten wir die Aurelia für die Abreise vor. Mindestens zweimal pro Tag kontrollierte ich das Wetter. Am südlichen Eingang zum Roten Meer weht häufig ein Südwind, der einen weit nach Norden tragen kann, wenn man den richtigen Zeitpunkt erwischt. Dann muss man mit teils starken Nordwinden rechnen. Sie werden zum einen sicherlich unangenehm kalt, zum anderen wird das tagelange Kreuzen sicherlich kein Zuckerschlecken.
Schließlich öffnete sich ein Wetterfenster, das uns für den gesamten Weg der verbleibenden Hochrisikozone entlang der Jemenitischen Grenze Rückenwind versprach. Wir informierten die Militärorganisationen MSCHOA und UKMTO, dass wir am 7. Februar Richtung Ägypten aufbrechen werden.
2 KOMMENTARE
hallo ihr lieben,
wie seid ihr an den agenten gekommen, es finden sich keine infos für dschibuti oder nachbarländer freunde von uns sind in malaysia und wollen mit ihren kids durchs rote meer, würden uns freuen wenn wir uns schreibt dann können wir ihnen die info weitergeben.
grüse sarah
Hallo Sarah,
gern helfe ich weiter. PN ist unterwegs. Für mehr Details können sich Deine Freunde auch direkt an mich wenden.
Viele Grüße
Jörg