Die ehemalige Lepra-Insel Makogai
Zurück aus dem Paradise verbrachte ich eine weitere Woche in Savusavu, bis mein neues AIS seinen Dienst auf der Aurelia aufnehmen konnte. Dann aber ging es weiter nach Makogai. Diese kleine, geschichtlich interessante Insel ist dank ihrer zentralen Lage ein guter Ausgangspunkt für den Besuch weiterer Orte in Fidschi.
Anreise
Die reichlich 50 Seemeilen bis Makogai sind etwas zu viel für eine Segeltour bei Tageslicht. Also starte ich kurz vor Sonnenuntergang, um den offenen Teil der Strecke über Nacht zurückzulegen. Bei wenig Wind lies ich mich mehr oder weniger durch die Nacht treiben. So konnte ich mich im Intervallschlaf verhältnismäßig gut ausruhen. Für die verbleibenden Meilen musste im Morgengrauen erneut der Motor ran.
Die Insel liegt innerhalb eines gut geschützten Riffs. Die ausgewählte Bucht ist mit seinem Sandboden ein guter Ankerplatz, solange man nicht zu nahe an das Ufer fährt. Dort warten Steine und Korallen nur darauf, den Anker nicht mehr freizugeben.
Ein “Sevusevu” abhalten
Im Internet gibt es viel über das Sevusevu zu lesen. Auch die anderen Segler berichten viel davon. Ich selbst habe – vielleicht auf Grund von Covid – eine andere Erfahrung gemacht.
Soll
Sevusevu ist eine Willkommenszeremonie, die auf vielen kleinen Fidschi-Inseln erforderlich ist, wenn man sie betreten möchte. Für den Besucher ist das sicherlich etwas besonderes und die Eigenheiten der Zeremonie stehen im Vordergrund. Für die Inselbewohner ist es eine Art Anmeldung auf der Insel. Sie wollen wissen, wer da kommt, was es für ein Mensch ist und was ihn bewegt.
Also gibt es bei der Ankunft ein Gespräch, an dessen Ende der Gesprächsführer, meist der Chef der jeweiligen Siedlung, einem erlaubt, sich auf der Insel zu bewegen oder halt nicht. Hierfür gibt es einige Dinge zu beachten. Zunächst muss der Besucher Kava mitbringen, am besten als Wurzel. Fast ausschließlich zu diesem Zweck kann man sie auf allen Märkten der größeren Insel kaufen. Alternativ gibt es auch abgepacktes Pulver, welches aus der Wurzel hergestellt wird. Beide haben eine berauschende Wirkung. Bei häufigerem Gebrauch sind sie jedoch wohl auch nicht so ganz gesund für Leber & Co.
Nach dem Überreichen des Kava wird es zubereitet. Dann sitzt man mit weiteren Dorfbewohnern zusammen und hält das Sevusevu mit mehr oder weniger intensiven Zeremonien ab.
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Ist
Für meinen Logik-Kopf ist das Verfahren schwierig zu verstehen. Darf man ohne Sevusevu nicht an Land? Wie kommt man dann zu dieser Zeremnie? Irgendwo ist da noch ein Logik-Fehler. Ich wartete zunächst mal einige Zeit ab, ob mich jemand am Schiff empfängt. Dann machte ich mein Dinghy klar und paddelte an Land.
In meinem Fall hatte der Dorfälteste seinen Kava wohl bereits genossen und hielt unter einer Palme Siesta, als ich eintraf. Seine Enkelkinder, die mich am Strand in Empfang nahmen, hatten Mühe, ihn wachzurütteln. Nachdem es geschafft war, übergab ich ihm meine Kava-Wurzel. Wir setzten uns auf den hierfür vorgesehenen Platz unter einem großen Baum und hielten das Sevusevu sehr unspektakulär ab. Ich erzählte ihm von meiner Reise und meinen Plänen. Er gestattete mir den Besuch der Insel. Das wars, keine Zeremonie, kein Kava-Getränk, alles sehr spartanisch. Vermutlich liegt es daran, dass ich allein und zu einer ungünstigen Zeit kam. Vielleicht ist aber auch die Vorsicht wegen Covid19 ein Grund. Ein bisschen schade finde ich es schon.
Nach einem kleinen Rundgang ging es zurück aufs Boot. Am nächsten Tag erkundete ich die Insel etwas gründlicher. Als ich mit dem Dinghy an Land kam, wurde ich wieder von den Kindern begrüßt. Dieses Mal war der Dorfälteste deutlich munterer und nahm sich Zeit für mich. Er zeigte mir die alte Lepra-Siedlung, den Friedhof aus alten Zeiten und die aktuelle Zuchtstation für Riesenmuscheln und Schildkröten.
Lepra-Station
Bis zum Ende der 1960er wurden Lepra-Kranke aus dem gesamten Pazifik-Raum, laut des Dorfältesten sogar aus Indien, hierhergebracht. Sieht man von der Zwangsumsiedlung ab, tat man hier das bestmögliche für die Aussätzigen (der deutsche Begriff für Lepra). Es gab mehrere Gemeinden für unterschiedliche Religionen, die friedlich zusammenlebten und unter anderem auch gemeinsam ihre Lebensmittel anbauten. Auf der Insel konnten sich die Kranken frei bewegen, es gab ein Kino aber auch ein Gefängnis für diejenigen, die sich nicht friedlich verhalten wollten. Die Zahlen der hier lebenden Lepra-Patienten geht weit auseinander. Von 300 bis 4000 habe ich bisher unterschiedliche Zahlen gehört.
Riesenmuscheln und Schildkröten
Stolz zeigte mir der Dorfälteste die staatlich finanzierte Zuchtstation für Riesenmuscheln. Auch wenn die meisten Becken nicht in Betrieb waren, war es interessant zu erfahren, dass es hier nicht um Lebensmittel, sondern um die Wiederansiedlung der Muscheln auf ganz Fidschi geht. Gleiches gilt für die Aufzucht einer Schildkrötenart, deren Name ich leider vergessen habe. Sie und der Rest der Siedlung wurden mir von der Enkelin des Dorfältesten vorgestellt.
Wirbelstürme
Der Zustand der Gebäude lässt erkennen, dass die Insel häufig Opfer von Wirbelstürmen wird. Die im Hintergrund neu errichteten Blechhütten sind wenige Monate alt und ersetzen die durch Zyklon Yasa im Dezember 2020 zerstörten Gebäude.
Weiterreise
Der Besuch von Makogai gehört für mich zu den Ereignissen, die ich viel lieber gemeinsam mit anderen erlebt hätte. Ich finde es fast einfacher, allein über den Ozean zu segeln. Das sollte sich jedoch in den nächsten zwei Tagen ändern. Mehr darüber erfahrt Ihr im nächsten Blog-Eintrag.