Lanzarote, wir kommen!
Nach 10 Tagen Warten auf besseres Wetter kann es nun endlich weiter gehen.
Erst einmal tanken
Vor der Überfahrt nach Lanzarote wollte ich aber auf alle Fälle noch tanken. Zwei Dinge sprachen jedoch gegen die in der Marina vorhandene Schiffstankstelle:
Zum einen haben wir in den zehn Tagen kaum jemanden gesehen, der dort getankt hat. Das Risiko, dass man sich die Dieselpest einfängt, ist also nicht gerade klein. Zum anderen wollten wir ursprünglich am Samstag früh zeitig ablegen, bevor die Tankstelle öffnet. Glücklicherweise hatte Frank von der SY Røde Orm noch seinen Mietwagen vom letzten Ausflug vor Ort und wollte ebenfalls tanken. Also warfen wir unsere Kanister zusammen und fuhren zur nächsten Autotankstelle. So konnten wir mit nur 2 Fahrten etwa 200 Liter Diesel heranschaffen. Alles klappte prima – bis auf den letzten Kanister. Ausgerechnet bei ihm hakte der automatische Stopp der Zapfpistole während der Tankwart kurz abwesend war. Der Schaden hielt sich jedoch in Grenzen. Zurück in der Marina füllten wir unsere Schiffe und ich konnte zum ersten Mal meinen Tank randvoll füllen. Leider ging auch hier ein bisschen daneben. Der Tankeinfüllstutzen von Jeanneau hat einen Überlauf, der etwa 20 cm unterhalb der Einlassöffnung liegt. Jeder Tropfen Diesel darüber fließt also nicht in ein Schauglas oder ähnliches, sondern direkt ins Meer. Danke Jeanneau, für diesen Konstruktions-Fauxpas! Das gehört mit zu den Dingen, die ich – unter anderem mit der Installation eines Elektroantriebs – unbedingt vermeiden wollte. Mehr darüber erfahrt Ihr in einem ausführlichen Blogbeitrag zur Energiebilanz der Aurelia am Ende der ersten Etappe.
Einweisung für Schiff, Sicherheit und Manöver
Nick hatte bei seinen bisherigen Segelerfahrungen nicht all zuviel Glück und war anfangs entsprechend skeptisch, was unsere Überfahrt angeht. Also nahm ich mir viel Zeit, ihm das Schiff und die Sicherheitsmaßnahmen zu erklären. Natürlich gingen wir auch noch mal die Knoten und wichtige Aktivitäten bei den An-, Ablege- und Segelmanövern durch. Ich denke mal, das hat viel zu dem dann letztendlich positiven Segelerlebnis für Nick beigetragen.
Tag 1
Am 17.11. verabschiedete ich mich von den freundlichen Jungs der Marina, absolvierte das Ausklarieren und sammelte meine Drohne ein. Die dafür notwendige Zeit nutzte der unverschämte Uhrzeiger, auf die 11-Uhr-Marke vorzurasen. Also legten wir bei nahezu Ebbe ab. Die Einfahrt des Hafens sollte tief genug sein. Alle anderen Segler waren schon vor uns aufgebrochen. An der Ausfahrt angekommen, mussten wir einem Motorboot ausweichen, welches ein Jetski-Rennen am Strand absicherte. Plötzlich zeigte meine Logge nur noch 1,9 m bei einem Tiefgang von 2,1 m. Glücklicherweise hatte ich sie noch in Lockmiquelic ausgemessen und wusste: Hier sind noch ein paar Zentimeter Luft. Dennoch reichte die Anzeige aus, um mir einen anständigen Adrenalinschub zu verpassen. Nix passiert! Weiter! Noch in der Bucht mussten wir ein paar Fischerbooten ausweichen, bevor wir dann dem Wind entgegen motorten. Gegen 19:00 Uhr war es dann soweit. Wir kamen aus der Abdeckung von Cabo Ghir und konnten die Segel setzten.
Nick war anfangs noch etwas skeptisch. Er wollte lieber mit Vollgas über den Atlantik, um schnell wieder an Land zu kommen. Mit der Erklärung, das dies nicht nur sehr viel Diesel sondern auch noch einen neuen Motorservice kostet, verabschiedete ich ihn in seine Nachtruhe und übernahm die erste Wache. Mann, war das kalt! Mit einer zusätzlichen Decke und einem heißen Tee konnte ich dann die Nacht aushalten.
Tag 2
Gegen 3:00 Uhr war die Segelei auch schon wieder vorbei. Wir mussten die Segel bergen und weiter mit dem Motor tuckern. Glücklicherweise nur für einige wenige Stunden, dann ging es weiter mit der Kraft des Windes.
Als wir am Morgen immer noch am Leben waren ;-), wurde es auch für Nick entspannter. Sein Lächeln kehrte ebenso zurück wie die Begeisterung fürs Segeln. Sehr schön!
Der Tag verabschiedete sich mit einem Sonnenuntergang, wie ich ihn bisher auch nur sehr sehr selten gesehen habe. Die Sonne ging tiefrot unter und leuchtete dabei ein paar dicke Wolken von unten an. Was für ein Anblick!
Während der ganzen Fahrt über konnten wir Funkkontakt mit der Røde Orm halten. Ganz in der Nähe und doch nicht am Horizont zu sehen. Nur ab und zu blitzte sie auf unserem AIS auf. Schön, wenn man sich unterwegs auch einmal über Wetter und Navigation austauschen kann.
Tag 3
In den ersten Stunden des Tages zeichnete sich bereits die Küste von Lanzarote am Horizont ab. Besser gesagt, die ersten Leuchttürme und später auch Häuser und Straßenlaternen.
Gegen 8:00 Uhr liefen wir – vorbei an einem Kreuzfahrtschiff – in die Marina von Lanzarote in Arrecife ein und legten neben der SV Zula an. Die junge Crew stand wie aus der Pistole geschossen mit Fendern an unserer Steuerbordseite bereit, so dass wir uns mit der Aurelia auf den Finger an Backbord konzentrieren konnten und problemlos anlegten.
Marina Lanzarote / Arrecife
Nach der Erledigung der Formalitäten direkt in der Marina gönnten wir uns ein paar freie Stunden und erkundeten die Gegend. Die Marina ist riesig. Die nächsten Geschäfte lassen sich praktischerweise am besten mit einem Mietwagen erreichen. Wir fanden jedoch vor Ort alles, was wir brauchten.
Am Abend trafen wir Maya, eine weitere Segeltramperin, die ihre Hand gegen eine Koje auf einem Schiff an unserem Steg getauscht hatte. Also im übertragenen Sinne natürlich! Nick und ich nahmen sie mit zum Abendessen. Leider bekam ich nicht allzu viel von unserem Gespräch mit, da ich eine geschlagene Stunde mit 1und1 telefonierte, um mir einen Ersatz-WLAN-Router und eine Ersatz-SIM-Karte zu organisieren. Vielleicht gibt es später noch einmal die Chance.
Wartungsarbeiten an der Aurelia
Mittlerweile blieben nur noch 24 Stunden, bis Sebastian und Michael in Las Palmas eintreffen werden. Was tun? „Schnell“ noch bei Windstille die 130 Seemeilen nach Las Palmas motoren und auf einen Liege-/Ankerplatz hoffen – wenige Stunden vor dem Start der ARC2020? Völlig unrealistisch. Besser, wir nutzten die Zeit, um die Aurelia für die nächste Crew vorzubereiten. Also gesagt – getan. Ich besorgte nötige Ersatzteile vom ansässigen deutschsprachigen Yacht-Chandler, wusch die Wäsche und verschwand in der Backskiste, um weitere Schrauben der Solaranlage zu sichern. Nick entfernte derweil Salzablagerungen vom Schiff und tauschte das Dampferlicht am Mast.
Am Abend ließen wir noch einmal die letzten Tage Revue passieren. Mit Nicks Eintragung im Kartenlogbuch geht unsere gemeinsame Reise zu Ende. Morgen kommen Michael und Sebastian. Mit ihnen gehe ich den längsten Teilabschnitt an: Die Überquerung des Atlantik.