
Batam – Singapurs Mallorca?
Schon zu Beginn meiner Reiseplanung stand Singapur als eines der Ziele fest. Dass mich eine Pandemie davon abhalten würde, lag damals noch vollständig außerhalb meiner Vorstellung und landete damit auch nicht auf der Risikoliste. Dank des indonesischen Visums kommen wir dem Ziel jedoch recht nah und können auf Batam zumindest in Sichtweite einen Zwischenstopp einlegen.
Anreise
Die 362 Seemeilen lange Anreise zur Insel Batam erwies sich als recht abwechslungsreich, allerdings nicht unbedingt im positiven Sinne. Sie begann zunächst – wie zu dieser Jahreszeit zu erwarten – mit einer Flaute. Langsam motorend machten wir uns auf den Weg nach Norden. Irgendwo zwischen Belitung und Batam endet die Javasee und geht mit der Karimata-Straße über in das südchinesische Meer. Der Name ändert sich, die Flaute und die unglaubliche Vermüllung des Meeres bleiben.
Baumstamm
Während der Motorfahrt konnten wir zunächst hin und wieder die Genua als Unterstützung einsetzen. Am Vormittag des 9.11. gab es plötzlich ein Aufprall-Geräusch. „Neutral!!!“ (Getriebe auf Leerlauf stellen) rief ich lautstark zu Jakub, der gerade am Ruder stand und starr nach vorn schaute, um zu verstehen, was eben passierte. Polternd machte sich ein Baumstamm von geschätzten 40 cm Durchmesser auf den Weg vom Bug zum Heck. Als letztes hörte ich ein metallisches „Bing“, das noch eine Weile nachschwang. Dann tauchte der geschälte und gesägte Stamm unter dem Backbord-Heck auf. Wurde der Propeller getroffen?

Das Schlimmste befürchtend, schaltete ich wieder den Vorwärtsgang ein. 1000 Steine fielen von mir ab, als die Aurelia ohne Vibrationen beschleunigte. Auch ein Rundgang offenbarte keine sichtbaren Schäden am Rumpf. Die geringe Geschwindigkeit von etwa 3,5 kn hat wohl schlimmeres verhindert.
Selbst mit einem permanenten Ausguck am Bug hätten wir den Stamm vermutlich nicht gesehen. Er war mit Wasser vollgesogen und schwamm knapp unter der Oberfläche. Wir konnten es kaum erwarten, aus diesem Gebiet herauszukommen.
Sturm
Der nächste Morgen begann zunächst wie alle anderen. Das Wetterleuchten am Horizont verschwand in der Helligkeit des anbrechenden Tages. Dicke Wolken zeigten regnerisches Wetter über den Inseln an. Doch dann bewegte sich die Wolkenfront und kam auf uns zu. Binnen einer Stunde steigerte sich der Wind auf bis zu 40 Knoten. Ich entschied mich, dieses vermeintlich kleine Unwetter raumschots abzuwettern. Hätte ich gewusst, dass es den ganzen Tag anhält, hätte ich mich vielleicht anders entschieden. So trug uns der Wind über 40 Seemeilen nach Nord-Osten. Nicht ganz die Richtung, die wir uns wünschten, aber immerhin kamen wir dem Ziel dennoch etwas näher. Erst gegen Abend konnten wir den Kurs ändern. Nun geht es schnurstracks in den Kanal zwischen Batam und Bintan.
In der letzten Nacht ließen die erwarteten Fischernetze nicht lange auf sich warten. Wieder einmal entdeckten wir sie rechtzeitig und segelten stundenlang an ihnen entlang, bis wir eine Lücke zur Einfahrt in den Kanal fanden. Dort nahm die Anzahl der auf dem Plotter angezeigten AIS-Signale minütlich zu. Die letzten Meilen legten wir ausschließlich mit dem Motor zurück.
Ankunft
In der Marina angekommen wurde uns trotz aller Vorbereitungen und Kommunikation mit dem Office ein Anlegen am Steg verweigert. Wir mussten zunächst im Marina-Gelände ankern. Wenige Minuten nachdem wir den Motor abgeschaltet hatten und gerade unser Ankerbier öffnen wollten, hatte man es sich anders überlegt. Wir durften an den Steg. Inzwischen hatte der Wind aufgefrischt. So brauchten wir zwei Anläufe, bis wir sicher rückwärts in unsere Box einfuhren und mit freundlicher Hilfe der Marina-Mitarbeiter anlegten. Verlassen durften wir das Schiff jedoch nicht. Nach einigem Hin- und Her fuhr uns ein Taxi zum nächstgelegenen Covid19-Testcenter, in dem wir uns innerhalb von 20 Minuten bestätigen lassen konnten, dass wir nicht infiziert waren. Danach benötigte es allerdings noch einiger weiterer Diskussionen und Telefonate, bis wir uns frei bewegen durften. Routine sieht anders aus.
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Nongsa Point Marina
Am nächsten Tag erkundeten wir zunächst die Marina. Wie schon an vielen anderen Orten beschleicht einen auch hier das Gefühl, Besucher eines beginnenden Lost-Spaces zu sein. Nur wenige Mitarbeiter halten den Betrieb für die wenigen Gäste am Laufen. Ansonsten ist die Marina für indonesische Verhältnisse sehr modern. Das auf mich etwas kühl wirkende Design erinnert mich – ohne je dagewesen zu sein – an Japan. Zwischen den Gebäuden gibt es miteinander verbundene, in einen gepflegten Garten eingebettete Teiche, in denen viele bunte Karpfen ihr Dasein fristen. Östlich der Einfahrt zur Marina gibt es einen wunderschönen Strand. Er ist eingebettet in die bereits aus Belitung bekannten rundgeschliffenen Granitsteine. Beim Spazieren durch seinen Sand bahnten sich zwei Gedanken ihren Weg in mein Bewusstsein:
- Nichts ist so subjektiv wie ein Kameraobjektiv. Man muss den Winkel nur um einige Grad ändern, um aus einem Werbefoto für einen Traumstrand ein Müllkippenfoto werden zu lassen.
- Wir kommen um ein weltweites Verbot von Einweg-Plastik nicht herum.
Im Westen der Marina befindet sich eine kleine Segelschule für die Einwohner der Insel. Leider habe ich kein Foto davon. Dies ist bei meinem Gespräch mit einem der Mitarbeiter einfach untergegangen.
Die gesamte Marina ist ähnlich wie in Curacao eingebettet in eine größere Anlage mit Hotel, Ferienwohnungen und einem Golfplatz. Der Ort ist ideal für Besucher aus Singapur. Die Millionen-Metropole befindet sich nur wenige Seemeilen nördlich von Nongsa Point. Bei passendem Wetter ist ihre Skyline gut zu erkennen.
Golfplatz
Den zweiten Abend nach unserer Ankunft nutzte ich für einen Spaziergang zum nahe gelegenen Golfplatz. Mich begrüßte zunächst ein Warnschild, das mich vor einer hohe Strafe bei unberechtigtem Betreten warnte. Der Golfplatz wirkte jedoch verlassen. Ich ignorierte das Schild, bis der erste Golfball an mir vorbeiflog. Schnell hatte mich ein Golfertrio eingeholt und ich fürchtete eine ernste Abreibung. Statt dessen lud mich Nick, einer der Golfer auf ein Bier ein. Er ist der Betreiber des Golfplatzes. Froh über diese 180°-Wendung nahm ich an und verbrachte einen netten Abend mit überaus freundlichen Golfern und Gästen des Golfplatzes.
Schiffswerft
Die Aurelia ist nach wie vor in einem guten Zustand. Doch auch an ihr gehen 20.000 Seemeilen nicht spurlos vorbei. Daher hätte ich unsere Zeit in Batam gern genutzt, um auf dem Trockenen das Ruder zu kontrollieren, den Unterwasseranstrich auszubessern und die Anoden zu tauschen. Hierfür bot sich die Werft von Asia Fast Engineering an. Doch sowohl die langen Wartezeiten von mehreren Wochen als auch die exorbitanten Preise machten dies unmöglich.

Batam City
An einem der folgenden Tage machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt von Batam. Hier gibt es zahlreiche Geschäfte und Einkaufszentren, in denen wir unsere Handys reparieren und unseren Proviant aufstocken konnten. Allerdings ist der Kontrast zwischen Weg und Ziel enorm.
Handyreparatur
Für kleines Geld konnte ich mein Smartphone mit einem neuen USB-Modul ausstatten lassen. Nun ließ es sich wieder aufladen. So konnte ich zumindest die Bilder auf meinen PC übertragen. Das Glück hielt jedoch nicht lange an. Schon beim zweiten Ladevorgang wurde es heiß und grünes Plastik quoll aus dem USB-Anschluss. Eine weitere Reparatur würde zu lange dauern. Mir blieb daher nur die Anschaffung eines neuen Smartphones. An der Auswahl sollte es hier nicht scheitern. Die gesamte untere Etage des Einkaufszentrums ist voll von Computer- und Handy-Geschäften.
Jakub hatte mehr Glück. Sein Handy benötigte ein neues Display, um wieder den gesamten Bildschirm als Touch-Display nutzen zu können. Die Reparatur verlief problemlos und vergleichsweise preiswert.

Lebensmittel und Alkohol
Batam ist der letzte Ort vor Djibuti, an dem wir Alkohol kaufen können. Hierfür gibt es in Batam einige wenige Möglichkeiten. Wir fanden in der Innenstadt ein Geschäft, in dem wir die Biervorräte aufstocken konnten. Alles weitere war im Supermarkt verfügbar. Sogar Joghurt und eine käseähnliche Masse konnten wir finden. Auch Würste waren im Angebot und erinnerten mit ihrem Namen an Deutschland:
Fernweh
Einige Tage nach uns erreichte auch die Fernweh 3 mit unseren deutschen Segelfreunden die Marina. Gemeinsam erkundeten wir noch einmal die Stadt, stockten unsere Frischobst- und Gemüsevorräte auf und verbrachten einen letzten Abend in einer nahegelegenen, von einem Briten geführten Bar.

Aufbruch
Am 19.11. wurde es Zeit, nach Sabang aufzubrechen. Die Insel liegt nördlich von Sumatra. Sie ist der letzte Ort, an dem wir ausklarieren können.
In Sumatra gab es vor einigen Jahren Unruhen und der östliche Teil der Insel sollte von Seglern nach wie vor gemieden werden. Daher wollte ich so wenig Zeit wie möglich in Sabang verbringen. Die Angst sollte sich später als völlig unbegründet herausstellen. Doch darüber mehr im nächsten Blogpost über Sabang.