Das Warten hat ein Ende
Am kommenden Montag hat das Warten ein Ende. Aurelia darf nach 220 Tagen Liegezeit endlich wieder in See stechen. Zunächst nur für einen kleinen Ausflug, aber immerhin.
Licht und Schatten
Die Tage seit dem letzten Blogeintrag sind relativ schnell vergangen. Ein weiterer Segler traf aus Deutschland ein. Leider ist auch ein Segler aus Deutschland, Michael Wunk, in Curacao verstorben. Seine SY Marlin liegt hier am selben Steg. Ich hatte keine Gelegenheit mehr, ihn kennenzulernen. Er kam unmittelbar vor meiner Ankunft ins Krankenhaus und verstarb wenige Tage später auf Grund einer langen Erkrankung. Mein Beileid gilt seinen Angehörigen und Freunden! Mehr über Michael und sein Leben könnt Ihr hier erfahren.
Wartung und Warten
Die Zeit des Wartens auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nutzte ich für ein paar weitere Wartungsarbeiten, aber auch für kleinere Ausflüge innerhalb des Santa Barbara Plantation.
Verbrauchsmessung
Um in der nächsten Etappe etwas mehr über die tatsächliche Verbrauchssituation auf der Aurelia zu erfahren, habe ich mir ein Strommessgerät mitgebracht und für den Einsatz auf der Aurelia vorbereitet. Allerdings wachsen gerade die Zweifel, ob ich es ohne Not einsetzen werde. Mir huscht dabei immer der Gedanke „Never touch a running system!“ durch den Kopf.
Schwimmschalter für die Bilgenpumpe
Läuft Wasser in das Schiff, schaltet sich automatisch eine Bilgenpumpe ein, die es wieder nach draußen befördert. Dieser Schalter dafür ging während meiner Abwesenheit kaputt und musste getauscht werden. Das war eine unangenehme Aufgabe. Er befindet sich am tiefsten Punkt des Inneren unter dem Salontisch. Entsprechend unbequem ist die Arbeitsposition.
Nachdem ich bereits zweimal die Bilgenpumpe reinigen musste, da kleine Teile die Rückschlagventile versperrten, hatte ich vor meiner Abreise ein Edelstahlsieb vor der Schlauchöffnung angebracht. Hier seht Ihr das Ergebnis:
Navionics-Karten-Aktualisierung
Vor nicht allzu langer Zeit wurde noch überwiegend mit gedruckten Seekarten geplant und navigiert. Mittlerweile verfügt nahezu jede Segelyacht über ein elektronisches Navigationssystem. Es bezieht seine Kartendaten (z.B. Küstenlinien, Wassertiefen und Seezeichen) aus kleinen Mikro-SD-Karten, die man von diversen Herstellern kaufen und dann für eine gewisse Zeit aktualisieren kann. Aus Sicht der Papiernavigation ein ungeheurer Fortschritt. Aus Sicht des Smartphone-Zeitalters aber schon wieder hoffnungslos veraltet. Es gibt keine permanente automatische Aktualisierung der Kartendaten (Änderungen an Seezeichen, Wassertiefen, Hafeneinfahrten, …). Hierfür muss die SD-Karte vom Plotter entfernt und in den PC gesteckt werden. Dort können die Daten dann bis zu einem Jahr nach Kauf der SD-Karte kostenfrei aktualisiert werden. Netterweise hat mich der Hersteller auch über das Auslaufen der Updatezeit benachrichtigt. Allerdings erst unmittelbar NACH dem Ablauf. Vielen Dank für die „Kundenfreundlichkeit“ @Navionics.
Mücken jagen
Mittlerweile kenne ich hier in Curacao drei unterschiedliche Mückenarten. Dass sie mich ständig stechen, nervt ungemein.
Ohne Mückenschutz mit dem Wirkstoff „Deed“ sollte man nicht in die südlicheren / tropischeren Inseln der Karibik reisen. Hier in Curacao jucken die Stiche nur. In anderen Gegenden können sie auch das Dengue- oder Zika-Virus übertragen.
Wandern, Joggen und Schwimmen
Die Hitze hier macht es nicht leicht, aber ich versuche mich viel zu bewegen. Morgens vor 8:00 Uhr ist es mit 27 Grad noch angenehm „kühl“. So kann man um das eine oder andere der Grün joggen. Fast täglich geht es dann auch über ein paar kleine Hügel zum reichlich 2 km entfernten Strand. Während des Lockdowns war das ungefährlich. Jetzt hat der Golfplatz wieder geöffnet und man muss schon öfter mal nach links und rechts schauen. Dafür wird man immer wieder mit schönen Landschaftseindrücken und Tierbegegnungen belohnt:
Golfen
Was macht man, wenn seine Segelyacht mitten in einem Golfplatz parkt? Richtig, man geht Golfen. Nun bin ich alles andere als ein Golfspielertyp, aber wenn man schon mal hier ist, sollte man doch wenigstens eine kleine Übungsstunde riskieren. Spaß hat es gemacht, aber zu einer Golfspielerkarriere wird es wohl nicht kommen, denke ich.
Grillen am Strand
Die Strandbar Boca19 hat auf Grund der Corona-Krise nur noch Freitag bis Sonntag offen. Um weiterhin davon leben zu können, müssen sie kreativ werden. Darum gibt es nun öfter einmal Grillabende bis zur Sperrstunde, die auch hier wieder eingeführt wurde. Letzten Donnerstag war ich mit vielen anderen Seglern dabei. Die Tische waren recht weit voneinander entfernt, wir saßen draußen, Wind wehte – es sollte also kein erhöhtes Ansteckungsrisiko gegeben haben. Es war ein schöner Abend, zumal man auch hier und da ein Wort mit Einheimischen wechseln konnte. Danke Boca19!
Interessant war auch der Rückweg. Im Dunkeln ging ich wieder quer über die Golfplätze. Es galt, sich keinen Fehltritt zu leisten. Er könnte schnell mit einem Kaktus im Unterschenkel enden. Einige Vögel stießen Warnlaute aus. Andere pfiffen mir hinterher wie ein Bauarbeiter einem Minirock.
Anker-Genehmigung
Am Freitag war meine Geduld am Ende. Noch immer habe ich nichts von der Aufenthaltsverlängerung gehört. Trotzdem machte ich mich morgens auf den Weg zur Hafen-Behörde und hoffte auf eine Genehmigung zum Ankern. Zunächst galt es, die knapp drei Kilometer bis zur Busstation zu laufen. Am frühen Morgen kein Problem. Nach der Busfahrt standen weitere drei Kilometer durch die Stadt an. Auf Grund der Pandemie ist das Hafengelände nur noch an einer Stelle passierbar und diese ist – wie kann es anders sein – am anderen Ende der Bucht. Gegen 10:00 Uhr hatte ich zwei Genehmigungen in der Tasche. Am Montag segle ich nach Klein Curacao und eine reichliche Woche später in die Santa Cruz Bay.
Nun konnte ich mich gut gelaunt auf den Rückweg machen. Im Zentrum leistete ich mir erst mal ein Bier und Wraps.
Die Stadt ist wieder deutlich belebter als während des Lockdowns. Dennoch haben ihn etliche Geschäfte nicht überstanden. Sie stehen jetzt leer. Zurück ging es wieder mit einem der typischen 8-Personen-Busse von Curacao. Sie halten oft direkt vor den Wohnungen der Fahrgäste. Seit dem Lockdown haben sie ihre Klimaanlagen ausgestellt. Stattdessen werden alle Fenster geöffnet und der Fahrer trägt eine Maske. Ich finde das vernünftig. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Dieser Bus war voll klimatisiert, die Fenster geschlossen und der Fahrer trug keine Maske. Gut – ich war allein also nahm ich Platz. Später allerdings stieg eine verbal völlig inkontinente Frau ein und quasselte mir unaufhörlich in den Hals. Genau diese leicht vermeidbaren Situationen sind es, die die Pandemie antreiben. Ich hätte eigentlich unter Protest aussteigen sollen. Tat es aber nicht. :-/
Schließlich war ich nach weiteren drei Kilometern in der Mittagssonne und nun insgesamt 12 Kilometern Fußmarsch wieder an Bord der Aurelia, von der mich an diesem Tag keiner mehr runterbekam.
Klar Schiff
Jetzt heißt es klar Schiff machen. Bis Montag früh müssen alle umherliegenden Gegenstände wieder verstaut werden. Andernfalls fliegen sie mir beim Kreuzen gegen den Wind um die Ohren. Das wird mein erster größerer Ausflug unter Segeln, den ich allein auf dem Schiff verbringe (= Single Handed). Ich bin sehr gespannt, wie es laufen wird. Ihr könnt mich wie immer auf dem Sat-Tracker verfolgen. Über das Internet bin ich erst nach meiner Rückkehr erreichbar. Ich freue mich schon drauf, euch davon zu berichten.
2 KOMMENTARE
Liebe Jörg,
hab gerade gelesen , das es wieder „losgeht“.
ich wünsche Dir alles Gute und immer Wasser unterm Kiel.
Rainer Nitschke
Danke Rainer, es gibt Situationen, da freut man sich, wenn man verfolgt wird :-). Ich wünsche Euch auch alles Gute. Freue mich auf ein Wiedersehen.
Viele Grüße Jörg