Die Wellen von Nazaré
In der Nacht zum 23.10. frischte der achterliche Wind immer mehr auf. Die Wellen wurden höher, steiler und kürzer. Das erste Reff bekamen wir noch gut und rechtzeitig rein.
Beim zweiten hatten wir dann schon zuviel Druck auf dem Segel und mussten es mit einigen Halsen Stück für Stück herunternehmen. In den Wind drehen war bei diesen Bedingungen keine gute Idee. Uns erwischten ab und zu recht hohe Wellen. So lange sie uns achterlich trafen, war alles gut. Seitlich drückten sie uns aus dem Kurs und legten uns ordentlich auf die Seite. Für Sven war das keine größere Sache. Ich war als Skipper, Eigner und mit etwas weniger Starkwinderfahrung ein bisschen besorgter. Also holten wir die Genua rein und segelten mit etwas Motorunterstützung zur Stabilisierung des Kurses durch die Nacht. Insgesamt drei Fischkutter begegneten uns in dieser Nacht. Sie zwangen erst Sven und später mich zum Kurswechsel. Dabei legten uns die Wellen immer wieder auf die Seite. Lasse in seiner Koje und eine Melone im Salon flogen von einer Ecke in die andere. Gegen Morgen erreichten wir Nazaré. Einige Meilen davor surften wir mehrmals mit bis zu 13 Knoten auf den sich hin und wieder brechenden Wellen gen Hafen.
Kurz vor der Einfahrt musste es dann sein: Wir warteten auf ein breites Wellental, drehten darin gegen den Wind und holten die Segel rein. Mit acht Knoten Fahrt wollten wir gerade in den Hafen einlaufen, als es plötzlich zischte und ich nur noch geradeaus schauen konnte. Meine Rettungsweste hatte sich ausgelöst. WTF?!?! Keine Instrumente mehr zu sehen. In der Eile fiel mir nichts Besseres ein, als die Luftpolster durchzuschneiden. Lieber eine Rettungsweste opfern als das Schiff riskieren.
Nach den zwei Biegungen der Einfahrt war von Wind und Wellen nichts mehr zu spüren. In einem Zug legten wir gegen 10:00 Uhr an. Nach einem deftigen Frühstück mit Anlegerbier verschwand ich nach 108 Seemeilen mit fast 7 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit erschöpft in meiner Koje.
Als ich am Nachmittag aufstand, fühlte ich das erste Mal das lang erhoffte südliche Klima. Der Regen war verschwunden und die Sonne wärmte mich und das Schiff. Schnell geduscht, dann ging es zur Anmeldung am anderen Ende der Marina. Abends schmiedeten wir bei Lasse-Geschnetzeltem den Plan für den Tag in Nazaré und ließen den sommerlichen Abend bei Karten und Rum ausklingen.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf in die Stadt und zur berühmten Stelle, von der aus die größten jemals gesurften Wellen beobachtet werden können. Inzwischen hatte der Wind seinen Betrieb eingestellt. Von hohen Wellen keine Spur ☹. Trotzdem war immer noch gut zu erkennen, wie sich auf wenigen hundert Metern Strand die flachen Atlantikschwingungen zu surfbaren Wellen aufbauen. Einige Surfer waren vor Ort. Also kletterten wir herunter zum Strand und genossen den Anblick bei einer kleinen Strandsiesta.
Abends fanden wir ein kleines familiäres Restaurant, welches den Fisch auf der Straße grillte. Leider bestellte ich im Gegensatz zur Crew keinen leckeren Fisch, sondern ein Rindersteak portugisischer Art, welches sich als zähes Tier präsentierte.