Mit dem Rucksack durch Costa Rica
Costa Rica mag zwar klein sein, hat aber unheimlich viel zu bieten. Ich wollte mir ein bisschen Zeit nehmen, mit meinem Rucksack vom Boot runter und durchs Land reisen… Ohne Geld und ohne einen einzigen Bus zu nehmen. So lief es für mich:
Golfito- Jaco 237 km
Playa Hermosa
14. Januar, 9:00 Uhr morgens, der Rucksack ist gepackt. Ich habe gut gefrühstückt, Wanderschuhe an und sage “Bis bald!”, bevor ich auf der einzigen Straße hier in Golfito loslaufe. Jörg bleibt auf der Aurelia und erkundet die Gegend rund um die Marina. Nach einem Blick auf die Karte habe ich mir einen Strand ausgeguckt, an dem ich die Nacht wohl gut in meinem Zelt verbringen könnte. “Playa Hermosa” ist etwa 150km von hier. Bus ist im Budget nicht drin, also strecke ich den Daumen raus. Ich hoffe, dass die Menschen hier genau so nett sind wie in Kolumbien, der Karibik, Spanien und wo trampen sonst bisher schon so gut für mich geklappt hat.
Natürlich ist Trampen in Zeiten von Covid ein heikles Thema. Ich bin mir dessen durchaus bewusst und habe mir vorab Gedanken gemacht, ob ich diese Tour überhaupt antreten sollte. Costa Rica vermerkt bisher unterdurchschnittlich viele Fälle, weshalb ich letztendlich zu dem Entschluss gekommen bin, mich mit genügend Vorsichtsmaßnahmen und Respekt auf den Weg zu machen. Desinfektionsgel und -spray sowie eine Hand voll Ersatzmasken sind selbstverständlich dabei.
Kleine Planänderung
Tatsächlich komme ich ohne Probleme bis kurz vor mein ursprüngliches Ziel, als mich für das letzte Stück ein Amerikaner aufsammelt. Als ich ihm sagte, wo ich hinwill, weist er mich freundlich auf die aufziehenden tiefschwarzen Wolken am Himmel hin. Er bot an, mich noch ein Stück weiter zu nehmen, nach Jaco, wo er ohnehin durchfahren musste. Ich nahm dankbar an und als wir die kleine Stadt erreichten, beschlossen wir noch einen Bissen essen zu gehen; Was eine glückliche Entscheidung. Denn in dem versteckten Thai-Restaurant, welches wir durch Zufall fanden, fand ich meine Unterkunft für die nächsten zwei Nächte.
Ich hörte beim Essen die Besitzer deutsch reden, und sprach sie daraufhin natürlich sofort an. Eins führte zum anderen und ich fragte, ob ich eventuell bei ihnen im Garten zelten dürfte. Ich wolle nicht stören und wäre am Morgen schon wieder weg.
Utisha und ihr Mann Kristian mit ihren zwei Töchtern sagten nicht nur ohne Probleme zu, sondern boten mir sogar an, ich könne Lager im alten Schulgebäude unter dem Restaurant aufschlagen. Den Gartenschlauch konnte ich als Dusche nutzen und die Toiletten standen auch offen. Ich konnte sogar bei ihnen essen und sie hatten kein Problem damit, dass ich noch eine weitere Nacht blieb, nachdem ich mich für den nächsten Tag zum Wandern verabredete. Mona hatte ich am selben Abend im Restaurant kennengelernt. Sie erzählte von einem schönen Weg einen kleinen Berg hinauf, wohin wir uns am nächsten Morgen gemeinsam auf den Weg machten.
Die gesamte Zeit fühlte ich mich wie ein Teil der Familie. Ich weiß immer noch nicht, wie ich dieser wundervollen Familie danken kann, meine Hilfe im Restaurant beim Abwaschen war das Mindeste.
Weiter zum Vulkan Arenal, 170 km
Nach diesen zwei schönen Tagen ging es am 16. weiter. Nächstes Ziel: der Vulkan Arenal. Maske an, Fenster auf und immer schön desinfizieren!
Wieder einmal habe ich beim Trampen sehr nette Leute kennenlernen dürfen. Unter Anderem Chandra und Lance aus Kanada, die eine kleine Spritztour ohne richtiges Ziel unternahmen. Sie fuhren mich kurzerhand bis über die Hälfte der Strecke und luden mich sogar in einem Soda (die kleinen Restaurants an der Straße) zu Mittag ein. Dieses nette Pärchen sollte ich nicht das letzte Mal gesehen haben, nachdem wir 80km vor meinem Ziel vorerst goodbye sagten.
Nach weiteren 3 “Rides” kam ich im Dorf Castillo an. Dort holte mich Michael am Orteingang ab. Ihn hatte ich am ersten Tag beim Trampen getroffen, als er mich vor dem Regen gerettet hatte. Ich durfte in seinem kleinen Gästehaus unterkommen, wo eigentlich seine 4 Hunde leben. Also wieder Zelt aufbauen, nach einer heißersehnten Dusche mein restliches Brot mich Marmelade essen und ins Zelt fallen.
Der Plan für den nächsten Tag war es, zu einem Aussichtspunkt zu wandern und den Vulkan mit seinem atemberaubenden See von oben zu bewundern. Der Aufstieg durch viele kleine Dörfer und Kuhwiesen war die Aussicht wert. Als ich am Nachmittag zurückkam und mein Zelt für die nächste Nacht irgendwo am See aufschlagen wollte, traf ich John, einen guten Freund Michaels. Er bot mir spontan an, auf seinem Grundstück am Berghang zu campen. Nach einem netten Abend mit interessanten Gesprächen schlief ich unter den Sternen ein, und wachte mit diesem Blick auf:
Ab zur Grenze nach Nicaragua, 108 km
Nach einer erstaunlich kalten Nacht ging es weiter zur Grenze, nach Los Chiles. Kurz nach Aufbruch pickten mich zwei Slowenierinnen auf, mit denen ich kurzerhand noch die Hot Springs in La Fortuna besuchte. Dort nahmen wir ein angenehmes heißes Bad im Fluss. Unglaublich was die Natur hier alles geschaffen hat.
Einzig war die Menge an Menschen etwas beunruhigend, die alle im selben Fluss badeten. Zwar befanden wir uns an der frischen Luft und hielten so gut es ging Abstand, Masken konnte man aber nicht tragen. Zurück am Auto also erst mal wieder desinfizieren.
Nach einem langen Tag in vielen verschiedenen Autos kam ich recht spät in Los Chiles an, der Stadt direkt an der Grenze. Es war zu spät, um noch am selben Tag nach Nicaragua zu kommen. Daraufhin bot mein letzter Ride an, seinen Mieter in der Stadt zu fragen ob ich dort eine Nacht unterkommen dürfte. Ich dachte ich schaue es mir mal an. Harry der Fahrer war mir etwas unangenehm, der 70-jährige Mieter machte aber auf Anhieb einen sehr entspannten Eindruck.
Nichtsdestotrotz entschied ich mich dazu, in meinem Zelt nebenan auf einer Baustelle zu schlafen, wo ich mich sicherer fühlte. Selbstverständlich aber wie immer mit Messer und Pfefferspray griffbereit.
Kleiner Rückschlag
Letztendlich hat mir der alte Mann aber sogar sehr viel Stress erspart. Als mein sowieso schon schwächelndes Handy endgültig den Geist aufgab fuhr er mit mir zu allen Reparaturläden, blieb mit mir dort bis sicher war, dass es repariert ist. Dann setzte er mich auf der Hauptstraße Richtung Grenzposten ab. Trotz Vorsicht lag mein Bauchgefühl also doch richtig bei ihm.
Nach der Erleichterung, mein Handy wieder benutzen zu können, kam am Grenzposten dann ein Rückschlag: Ich bräuchte einen Covid-Test, um nach Nicaragua einreisen zu dürfen. Vernünftig sind diese Vorsichtsmaßnahmen, die 80€ für den Test habe ich aber leider nicht, so gerne ich Nicaragua auch gesehen hätte.
Dann eben zur Karibikküste, 306 km
Was also jetzt? Wenn ich den Dschungel Nicaraguas nicht sehen kann, fahre ich eben wieder ans Meer. Am Pazifik war ich schon, von allen Seiten Costa Ricas fehlte eigentlich nur noch Die Karibik. Da hatte ich also meine Antwort: Ab nach Limon, zur Karibikküste.
Es war zwar schon 13.00 Uhr, aber ich konnte mich ja trotzdem auf den Weg machen. Ich war etwa auf halbem Weg nach Limon und es wurde schon bald dunkel, als mich jemand mitnahm, der zwar sagte er führe nicht weit, ich dankbar einstieg. Getreu dem Motto: “Jeder Meter hilft.”
Zu meinem Glück konnte ich diese Nacht sogar in seinem Haus unterkommen. In einem richtigen Bett! Am Abend besuchten wir noch seinen Cousin, wo ich für alle Kartoffelpü, Omamöhren und Rührei kochte. Richtig typisch deutsch!
20. Januar, weiter auf den Weg zum Meer
Nach Empfehlung Hairs und seines Cousins, war nun mein Ziel das kleine Dorf Cahuita. Dieses war zwar nur 167 km entfernt, der Weg dahin zog sich aber ganz schön. Es gibt eben Tage und Gegenden, wo Trampen schneller oder langsamer geht.
Der Weg lohnte sich aber absolut. Als ich gegen Nachmittag ankam, kaufte ich mir erst mal ein Früh-/Mittagessen; Was ist das Günstigste, was ich fand? Haferflocken mit Milch und einen Apfel. Ich genoss mein Gourmetessen im kleinen Dorf Park, als eine sympathische ältere Frau auf mich zukommt und mich auf Englisch ansprach, und wir ins Gespräch kamen.
Auf die Frage, wo ich denn heute Abend schlafen werde und meinen Schulterzucken darauf, bot Meryl mir an, mich ihrem Vermieter vorzustellen. Er bietet wohl Camping auf seinem Grundstück an, genau das was ich brauchen könnte.
Ich bin überglücklich, dass Meryl mich in diesem Park angesprochen hat, das war nämlich der Anstoß vieler glücklicher Fügungen. Wyndell, der Besitzer des Campings und Ausrichter zwei wöchentlicher gemeinnütziger Mittagessen für die Gemeinde, ließ mich in einer leerstehenden Hütte schlafen.
Nachdem ich die Vorbereitungen für das Mittagessen sah und anbot zu helfen, im Gegenzug für einen Platz mit meinem Zelt, hatten wir einen Deal. Dann hieß es also: Gemüse schnibbeln, Tische und Stühle aufbauen, Essen ausgeben, abwaschen… Dafür hatte ich am Abend ein Dach über dem Kopf, und das Gefühl etwas Sinnvolles getan zu haben.
So viele nette Menschen
Wyndells Projekt bringt jeden Dienstag und Freitag Leute zusammen, die gemeinsam das leckere typische Essen und Musik genießen. In Corona-Zeiten alles draußen im Freien und alle Köche und Helfer mit Masken und Handschuhen.
So lernte ich auch Manuel kennen, einen Musiker in seinen 60ern, der mit seiner Gitarre durchs Land reist, und ein Scherzkeks auf zwei Beinen. Wir unterhielten uns eine Weile, und als ich erwähnte, dass ich bald nach San Jose reisen müsse, bot er an mich mitzunehmen, wenn er in zwei Tagen sowieso dorthin fährt. Was ein Glück!
In die Hauptstadt, 200 km
Wir verabredeten uns also am 22. in Limon, wo ich noch ein weiteres kleines Konzert bewundern durfte und sogar Gast bei einem Radiointerview war.
Dann ging es am 23. in die 200km entfernte Hauptstadt Costa Ricas. Nach einer unterhaltsamen Autofahrt kamen wir bei ihm zu Hause an, wo ich die Nacht im Gästezimmer verbringen durfte. So ein ungewohnter Komfort!
Am selben Nachmittag machte ich mich noch auf den Weg zu einem Café, wo ich Irina und Felipe treffen wollte. Den Kontakt hat meine Tante von zu Hause durch ihren Deutschkurs hergestellt. Beide lernen seit einigen Monaten deutsch, weil sie bald nach Deutschland ziehen werden. Wir ergriffen die Möglichkeit und trafen uns zum Sprachen- und Kulturaustausch.
Wir hatten so eine gute Zeit, dass wir den Abend noch auf ein Bier verlängerten. Schade, dass ich am nächsten Morgen schon wegmusste, sonst hätte ich sie gerne nochmal besucht. Viel Glück und Spaß in Deutschland wünsche ich den Beiden!
Auf den Rückweg durch Jaco nach Golfito, 329 km
Obwohl ich so nette Menschen in San Jose getroffen habe, war ich doch ganz froh aus der Großstadt raus zu kommen. Auch wenn jeder hier eine Maske trägt, fühle ich mich wohler außerhalb großer Städte. Man muss eben eine Balance finden und kann solchen großen Risiken aus dem Weg gehen.
Die nächste Nacht wollte ich in Jaco verbringen und dann am nächsten Tag weiter nach Golfito. Zu meinem Glück nahm mich jemand bis kurz vors Ziel mit. Noch bevor ich von dort das letzte Stück weiterfuhr, wurde ich aus dem Blauem “Costa Rica Style” zum Fischen eingeladen. Da sagte ich natürlich nicht nein. Also ab aufs kleine Fischerboot zum nachmittäglichen Shrimp-fangen.
Dazu gehört wohl oder übel nach getaner Arbeit auch das Probieren. Ich glaube das Gesicht braucht keine weiteren Worte…
Nach dieser spannenden Tour ging es die letzten 17 km nach Jaco. Wer es bis hier hingeschafft hat, fragt sich jetzt vielleicht. warum denn schon wieder Jaco?
Ich kann nur sagen, dass ich nicht nur die 329 km nach Golfito aufteilen wollte, sondern vor Allem Utisha, Kristian und dem Rest der Familie nochmal treffen und mich verabschieden wollte. Es ist wirklich etwas Besonderes so herzensgute Menschen zu treffen, und nach all ihrer Hilfe und Gastfreundschaft wollte ich mich nochmal bedanken.
Die Nacht boten mir sogar Chandra und Lance, die Kanadier, die ich am Anfang beim Trampen kennenlernte, ein Zimmer in ihrem Apartment an… Die mit Abstand komfortabelste Nacht, die ich seit Langem hatte, und mal wieder Freundlichkeit, für die ich mich nicht genug zu bedanken weiß.
Zurück “Nach Hause”
Die letzten 233 km verliefen wie am Schnürchen, zwar wie immer mit viel Warten und Laufen am Straßenrand in der knallenden Sonne, aber um 15:00 Uhr war ich wieder zurück “zu Hause” auf der Aurelia. Ich war erschöpft aber überglücklich und dankbar für all die einzigartigen Erfahrungen, die ich sammeln und wundervollen Menschen, die ich kennenlernen durfte.
6 KOMMENTARE
Liebe Maya ich bin überwältigt. Du bist so unglaublich Mutig und es ist immer wieder schön von dir und deinen Abendteuern zuhören. Überall wo du bisher warst bin ich mir sicher, dass du viel Eindruck mit deiner „Maya-Art“ (auf die wir uns auch in Deutschland schon sehr freuen :D) hinterlassen hast. Der Blog Post ist so schön geschrieben und gestaltet, dass ich richtig in deine Reise mit reingezogen wurde. Viel Spaß auf deinen weiteren Abenteuern und ich freue mich schon davon zuhören. Pass auf dich auf!
Sehr sehr liebe Grüße,
Luise
Liebe Maya, vielen lieben Dank für den tollen Bericht!! Ich freue mich immer über Martha und Luise von dir zu hören, und bin sehr gespannt auf ein Wiedersehen und alle die vielen Geschichten die du dann zu berichten hast… Sehr cool 😎 liebe Grüße aus der Heimat, Carla
Liebe Maya!!!! Es ist soooo toll deine Reise zu verfolgen und miterleben zu dürfen! Die Eindrücke die du mitnimmst, die vielen netten Leute, toll das du das teilst !!! Bleib gesund und pass auf dich auf !!!! Ganz liebe Grüße cordi
Auch von mir ein großes Dankeschön für deinen Bericht. Es ist so cool dabei sein zu können und deine Reise von hier mitverfolgen zu können. Du machst alles richtig & es ist beeindruckend was du erlebst und welche unterschiedliche Menschen du auf deinem Weg triffst. Tolle Inspiration!
Ich wünsche dir noch viel Spaß und pass auf dich auf 🙂
Liebe Maya,
alle Achtung, als ich so alt war wie du, hätte ich mich niemals in die weite Welt hinaus getraut. Und auch heute würde ich eine Reise auf diese Art nicht machen. Ich bewundere jeden, der den Mut dazu hat. Umso mehr lese ich gespannt jeden Bericht und fühle mich so ein bisschen dabei.
Ich wünsche dir auf deiner Reise noch viele schöne Begegnungen und Erlebnisse und viel Glück auf der gemeinsamen Segeltour mit Jörg.
Sei herzlich gegrüßt von seiner Schwester 🙂
Liebe Maya,
bin gerade erst auf die Seite gestoßen und total begeistert! Bin sehr gespannt wie Dein Abenteuer weitergeht!
Liebe Grüße aus dem verregneten Rheinland 😉 von Kiki