Musket Cove
Nach den Wartungsarbeiten und ein paar faulen Tagen im Port Denarau machte ich mich auf den Weg nach Musket Cove. Der Komplex mit mehreren Hotelanlagen und Bungalows liegt auf der Insel Malolo. Sie ist nur 14 Seemeilen von der Hauptinsel entfernt. Ich freue mich darauf, wein wenig Urlaubsatmosphäre einzufangen, neue Leute kennenzulernen und ein wenig in den angrenzenden Riffen zu schnorcheln.
Anreise
Die Anreise gestaltet sich zunächst sehr einfach. Da ich den neuen Keilriemen testen möchte, nutze ich hauptsächlich den Motor. Lediglich die Genua hilft ein wenig dabei, Diesel zu sparen.
Auf den letzten Metern wurde es dann doch noch einmal eng. Am Eingang der Bucht vor Musket Cove gibt es mehrere Untiefen. Wie schon in SavuSavu und Denerau sind die Navionics-Karten keine große Hilfe. Sie zeigen gerade auf den interessanten Stellen kurz vor einer Marina nur trockenfallende Gebiete an Stellen an. Glücklicherweise hatte mir bereits in Nuku Hiva Google-Maps Karten für OpenCPN bekommen. So konnte ich mit dem Tablet als zweites Navigationsgerät und intensivem Ausguck sicher bis zur Mooring-Boje gelangen. Wenige Meter hinter der Aurelia befand sich nun erneut ein Riff. So langsam gewöhne ich mich an die Nähe.
Inselrundgang
Ohne funktionsfähigen Elektromotor war das Dinghy schnell startklar. Allerdings musste ich den Weg zum Steg rudern. Dort angekommen wurde ich mit der Aufforderung begrüßt, auf der Insel ständig die Maske zu tragen. Auf dem größeren Land der zweiteiligen Insel gab es vor wenigen Tagen einen Covid-Fall. Die Mitarbeiter haben nun die Befürchtung, dass die Anlage ebenfalls aus der Blue-Lane-Zone herausgenommen wird, in der sich die Segler frei bewegen dürfen. Die Marina läuft dank einiger Segler in einem etwas reduzierten Betrieb. Ein weiteres Hotel der Anlage machte einen vollständig verlassenen Eindruck. Auf Grund der fehlenden Touristen war es geschlossen. Auch die Bungalow-Siedlungen standen- soweit ich das sehen konnte – leer.
Die Insel entpuppte sich als eine kleine abwechslungsreiche Landschaft mit unterschiedlichen Facetten. Zunächst ging es vorbei an einigen Wasser-Bungalows. Die Palmen am Wegesrand und der kleine tropische Wald im Hintergrund ließen sofort Südseefeeling aufkommen. Zwischen den Bungalows und dem Strand gab es eine Poolanlage. Sie war menschenleer. Der Pool halb leer. Laub am Beckenrand zeugte von einer bereits einige Monate andauernden Schließung. Erneut überkam mich dieses Gefühl, als würde ich durch eine postapokalyptische Infrastruktur wandern.
Wenige hundert Meter später gab es eine Landebahn. Wollte man zum nächsten Hotel, musste man sie überqueren. Ein Schild erklärte die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen. In Europa unvorstellbar.
Der Rand der Landebahn war frisch gemäht. Der Duft des Heus weckte in mir sofort Assoziationen an meine Heimat. Der identische Geruch lies etwas Heimweh aufkommen. Diese riefen für einen kurzen Moment die vielen offenen Fragen der Heimreise ins Bewusstsein. Schnell weiter!
Erneut dauerte es nur wenige Minuten und ich fand mich in einem fast waldartigen Gelände wieder. Bäume und Sträucher sorgten für kühlere Temperaturen. Inmitten darin ein größeres Ferienhaus und eine Gärtnerei.
Der nördliche Teil der Insel besteht aus einer kleinen Anhöhe. Neben einer Kapelle findet man hier einen wunderschönen Rundumblick auf das Meer, die angrenzenden Inseln und die kleinen Kanäle, die von Stegen und Bungalows umsäumt sind.
Ich setzte meinen Inselrundgang fort, spazierte über eine Brücke, die für Segelyachten geöffnet werden kann und Schwupps, war ich zurück in der kleinen Marina. Hier gab es sogar einen kleinen Supermarkt mit Allem was man braucht, um hier einige Wochen mit dem Schiff zu verbringen.
Für diesen kleine, gerade mal 2 km2 große Insel war das eine erstaunlich abwechslungsreicher Spaziergang. Er endete mit einem hervorragenden Burger und dem Treffen mit anderen Seglern im gerade noch geöffneten Marina-Restaurant.
Mit dem Einbruch der Dunkelheit ging es zurück zur Aurelia.
Coral Gardening
Südlich der Insel befinden sich mehrere Korallenriffe. Auch hier gibt es – wie in vielen anderen Teilen der Welt – eine Korallenfarm. Mit dem sogenannten Coral-Gardening versucht man, dem weltweiten Korallensterben etwas entgegenzusetzen. Noch ist längst nicht erforscht, was das Korallensterben letztendlich verursacht. Der für erdgeschichtliche Verhältnisse schnelle Anstieg des Meeresspiegels, die steigenden Wassertemperaturen, die Anreicherung von CO2 haben sicherlich ihren Anteil daran. Bereits vor 10 Jahren konnte ich das in meinen Tauchurlauben in Ägypten beobachten.
Ich habe großen Respekt vor dieser Initiative. Auch wenn die neu angesiedelten Korallen kein messbares Gegengewicht gegenüber den weltweit absterbenden darstellen, ist diese Arbeit enorm wichtig für die Erforschung, das Verständnis und die Erzeugung der nötigen Aufmerksamkeit für diese Naturkatastrophe.
Neue Crew für die Aurelia?
Kelly und Cristina
Am nächsten Tag besuchten mich Kelly und Cristina. Wir kochten uns ein gemeinsames Abendessen und genossen den Sonnenuntergang mit einem passenden Sun-Downer. Die beiden wissen ebenfalls noch nicht so recht, wie es weiter geht. Einerseits habe ich das Gefühl, sie würden sich mit mir auf der Aurelia recht wohl fühlen. Andererseits ist für sie die Reise auf der großen Ketsch „Millenium“ eine neue Herausforderung, die sie gern angehen würden.
Dann sind da noch die offenen Fragen der Einreise in Indonesien, die auch mich umtreiben. Unsere Visas befinden sich allesamt in unterschiedlichen Bearbeitungsstadien. Zusammengenommen gab es an diesem Tag keine ausreichende Basis für eine Entscheidung.
Es sieht jedoch eher so aus, dass wir auf unterschiedlichen Wegen zurück in unsere Heimaten gelangen. Das ist sehr schade. Irgendwie schafft es Kelly mit wenigen Worten, meinen trocken Humor hervorzulocken und meine Laune nach oben zu bringen. Cristina hat an der Harvard-Uni im Bereich der Linguistik promoviert. Ihre Verfahren sind recht dicht an meiner Diplomarbeit zur theoretischen Informatik. Es wäre sehr interessant gewesen, mich mit ihr über natürliche und künstliche Sprachen auszutauschen. Ich hoffe sehr, die beiden noch einmal wiederzusehen.
Kurz vor meiner Abreise schauten sie noch einmal vorbei und überreichten mir ein mit „Aurelia“ kodierten Morse-Freundschafsbändchen. Was für eine liebe Überraschung!
Jakub
Gegenüber der Aurelia liegt die Sinaron. Dort lebt momentan Jakub, von dem ich bereits im Post über Denarau berichtet habe. Er und Skipper Jonathan besuchten mich. Jonathan stammt aus Malaysia und konnte mir viele Tipps und Kontakte für den Weg von Indonesien nach Thailand mitgeben. Mit Jakub vereinbarten wir, dass er am Folgetag bei der Reinigung des Unterwasserschiffs hilft. Ohne groß darüber zu reden, gingen wir beide mittlerweile davon aus, dass mich Jakub auf dem Weg nach Europa begleiten wird, selbst, wenn wir kein Visum für Indonesien bekommen. In diesem Fall geht es direkt weiter zu den 6.500 Seemeilen entfernten Malediven. Einziges Problem: Jakub hat erst eine Impfung erhalten. Hier werden wir wohl noch etwas kreativ werden müssen.
Zurück nach Denarau
Stück für Stück festigt sich mein Entschluss, noch in diesem Monat weiter zu segeln. Die parallel angestoßenen Alternativen boten alle keine Lösung. Ein Überwintern der Aurelia in Fidschi kostet etwa 4.000 EUR. Hinzu kommen die Kosten für den Heim- und Rückflug. Dann bin ich jedoch noch keinen Meter weiter und muss die Reise zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen. Für den Transport der Aurelia nach Europa muss ich mindestens bis Singapur kommen. Dann würden ca. 40.000 EUR für einen Transport nach Griechenland oder Italien anfallen. Das fällt ebenfalls aus. Damit bleibt die Weiterreise nach Indonesien und im Falle einer andauernden Schließung des Landes die Weiterreise zu den Malediven.
Daher wurde es Zeit, den Rückweg nach Denarau anzutreten. Spätestens Anfang September möchte ich abreisen, um bis zum Ende von stabilen Passatwinden zu profitieren einen sicheren zeitlichen Abstand zur Zyklonsaison zu wahren.
Am 21. August machte ich mich auf den Weg. Erneut setzte ich fast ausschließlich den Motor ein. Der Keilriemen arbeitete zuverlässig. So nach und nach kehrte mein Vertrauen in den Motor zumindest teilweise zurück.
Zwei Tage später traf auch Jakub mit der Sinaron in Denarau ein und wechselte zur Aurelia. Gemeinsam bereiteten wir uns auf die große Tour vor. Mehr darüber im nächsten Kapitel des Logbuchs.