Port Denarau
Nachdem mein Motorproblem zunächst gelöst ist und ich nun einmal hier in Port Denarau bin, nutze ich die Gelegenheit für ein paar weitere Wartungsarbeiten und einige Spaziergänge an Land. Weit führen sie nicht, der Hafen ist weiträumig abgesperrt. Gern würde ich die Covid19-Pandemie aus meinen Berichten heraushalten. Oft ist das nicht einfach. Im Bericht über Denarau ist es unmöglich.
Der Hafen
Port Denarau ist nicht nur eine Marina für Segler. Von hier aus laufen auch viele Freizeitschiffe und Fähren aus, um Touristen und Güter zu den entlegenen Inseln des Landes zu bringen. Die derzeitigen Regeln lassen dies jedoch kaum zu. Das gesamte Hafengebiet ist eine Sonderzone. Zugang haben nur die geimpften Mitarbeiter, die den Betrieb der in der Zone ansässigen Firmen aufrecht erhalten. Dazu zählen einige Restaurants, etwa ein Drittel der Geschäfte sowie die Werkstätten der Werft, die Werft selbst sowie die Marina nebst Service-Unternehmen.
Viele Geschäfte sind geschlossen oder nur auf Anfrage per Telefon geöffnet. Der Fährbetrieb beschränkt sich auf den Transport von Gütern und einiger weniger Personen. Er findet ausschließlich durch kleine Boote satt und wird streng durch die Polizei und Gesundheitsbeamte kontrolliert.
Die Hautpinsel ist derzeit der weltweite kritischste Hotspot der Corona-Pandemie. Für mich ist es erstaunlich, dass die getroffenen Maßnahmen eine Ausbreitung auf die anderen Inseln so gut eindämmen, werden doch etliche Ausnahmen gemacht. Vielleicht ist es aber auch nur eine Frage der Zeit.
Die vielen Menschen, die den Hafen sonst täglich passierten, sind auf Grund der Architektur des Hafens fast physisch spürbar. Das Wissen um sie vermittelt eine gespenstische, postapokalyptische Stimmung. Ich muss mir Mühe geben, nicht ständig daran zu denken, welche Auswirkungen dieser Stillstand auf den Verdienst der Menschen, ihre Versorgung aber auch die Produktivität der Unternehmen hat.
Projiziert man diesen Mikrokosmos auf den Rest der Welt, wird klar, dass wir in den nächsten Monaten, vielleicht Jahren mit einem weltweiten Rückgang des durchschnittlichen Lebensstandards rechnen müssen. Entweder durch Inflation oder durch Verdienstausfälle. Egal wie, wenn für die gleiche aufgewendete Zeit weniger Dienstleistungen geleistet oder Produkte erstellt werden, muss es ganz einfach im Getriebe knirschen. Erste deutliche Signale gibt es bereits im Transportsektor. Der global Container-Index FBX ist auf das 11-fache der Vor-Covid-Zeit gestiegen.
In den Tagen meines Aufenthalts in Denarau bin ich häufig zu einer kleinen Burger-Bar spaziert und habe mir für kleines Geld ein Mittagessen gegönnt. Shental hält den Betrieb des Landens gemeinsam mit einer Köchin aufrecht. Um die Kosten und Kontrollen zu minimieren, wohnt sie auch auf dem Marina-Gelände. Ihr Gehalt ist auf einen Bruchteil geschrumpft. Dieser reicht nicht einmal mehr für die Miete. Dennoch ist sie froh, dass es irgendwie weitergeht. Schließlich hofft auch sie auf ein Ende der Pandemie und wird vom Besitzer der Bar u.a. mit Nahrungsmitteln unterstützt.
Wartungsarbeiten
Ich nutzte die Tage in Denarau so gut es geht, um die weitere Reise vorzubereiten. Neben der Planung und dem K(r)ampf um Einreiseerlaubnis in eines der Ländern westlich von Fidschi gab es weitere Wartungsarbeiten aus der Prio-2-Liste.
Lazy Bag
Das Lazybag hat auf den letzten 16.000 Seemeilen einige Federn gelassen. Der Reißverschluss ist bereits seit der Karibik defekt. Die Fiberglassstäbe, die im Original aus mehreren Teilen zusammengesetzt wurden, haben einen großen Anteil daran, dass der Stoff bereits mehrere Dreiangel hat und das Segel beim Bergen nur schlecht zwischen seinen Flanken zum liegen kommt.
Dank Alan von Marshal Sails konnte ich dieses Problem nun angehen. Er ersetzte den Reißverschluss, erneuerte die Nähte und brachte die notwendigen Patches an. Auf den letzten Drücker entschied ich mich dann auch noch, die zusammengestückelten Latten durch neue, durchgehende zu ersetzen. Die 300 EUR dafür sind recht teuer. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ich demnächst fünf Meter lange Latten ohne exorbitante Transportkosten zur Aurelia bekomme. So gesehen, ist es ein zeitliches Schnäppchen zu einem akzeptablem Preis.
Leinentaschen
Auch die Leinentaschen am Niedergang zeigen nicht nur erste, eher letzte Erschöpfungserscheinungen. Ein Ersatz durch vorgefertigte neue Taschen ist nur mit einer Bestellung aus Deutschland möglich. Auch hier bot Alan eine handwerkliche Lösung und lies seine Mitarbeiter zwei neue anfertigen.
Dinghy-Motor
Der Dinghy-Motor von Torqeedo versagte nun endgültig seinen Dienst. Die intensive Suche nach dem Fehler brachte lediglich die Erkenntnis, dass vermutlich der Hauptkabelstrang zum Unterwasser-Motor einen Kabelbruch hat. „Klevere“ Ingenieure haben hier Leistungs- und Steuerleitungen in einem Strang zusammengefasst. Vermutlich sind dadurch die Steuerleitungen überdehnt worden. Das ist nicht der einzige Konstruktionsmangel an dem sonst so faszinierenden Motor. Hierzu wird es demnächst mal einen gesonderten Review-Post geben.
Schweren Herzens und stinksauer darüber, dass ich nun den bisher erfolgreichen Versuch, ohne Benzineinsatz um die Welt zu segeln aufgeben muss, begab ich mich auf die Suche nach einem Ersatzmotor. Zwar kann ich mit dem Dinghy auch Paddeln. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ich die verbleibenden 12.000 Seemeilen ohne zusätzliche Motorunterstützung auskomme. Eine Reparatur oder ein Ersatz sind – wie ich schon in Savusavu herausgefunden habe – vorerst nicht möglich.
Schließlich wurde ich fündig und erstand einen 3 PS-Motor von Mercury. Zu allem Ungemach ist es auch noch ein nicht sehr umweltfreundlicher Zweitakter. Trostpflaster ist seine unter Seglern geachtete Robustheit und sein niedriger Verbrauch. So hoffe ich, mit dem ebenfalls erstandenen 5L-Kanister Gemisch den Rest der Strecke absolvieren zu können.
Speedsensor
Der im Bug verbaute 3-fach-Sensor hat nicht nur Probleme, die Bootsgeschwindigkeit zu messen. Auch der Temperatursensor ist mittlerweile defekt und zeigt Wassertemperaturen von über 50 °C an. In einem der Ersatzteilläden der Werft fand ich Ersatz. Der neue Sensor des gleichen Herstellers ist inzwischen moderner und auch über Bluetooth auslesbar. Froh über den Fund erstand ich ihn zu einem stolzen, gerade noch akzeptablen Preis.
Leider musste ich dann feststellen, dass er zwar funktioniert und auch von meinem NE2000-System erkannt wird. Leider erkennt ihn mein Plotter jedoch nicht als Tiefensensor. Das ist kritischer als der Defekt der beiden anderen Sensoren. So ging er nach nur wenigen Stunden wieder zurück ins Geschäft. Es bleibt das mulmige Gefühl, dass mein Plotter so langsam moralisch verschleißt und vielleicht auch die nächsten, eventuell zu ersetzenden Sensoren nicht erkennt. Eine Erneuerung des Plotters passt zwar in das verbleibende Budget für unvorhergesehene Dinge, doch wer weiß, ob dies nicht noch für dringendere Dinge benötigt wird.
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Treffen mit Seglern und potentieller Crew
Im Gegensatz zu Savusavu hilt sich das Kennenlernen neuer Segler und Crews in Grenzen. Ich denke, das liegt an der allgemeinen Alles-Auf-Halt-Stimmung, die mich hier befallen hat. Zumindest traf ich einige Bekannte wie Martin von der Vava U sowie Siegfried und Walter auf ihrer Pegasus. Ich begegnete auch einigen potentiellen Mitseglern. Da war zunächst Doris. Sie hatte ich bereits in Savusavu kennengelernt. Doris will noch etwas länger in Fidschi bleiben. Sollte sich meine Abreise noch weiter verzögern, könnten wir gemeinsam die Yasawas erkunden.
Weiterhin traf ich mich mit Jakub. Der polnische Tramper ist erst im Oktober 2020 in Italien gestartet. Wenn die beiden Mädels von Islander nicht mit nach Indonesien kommen, ist er ein fast idealer Kandidat. Er hat einige Erfahrung als Crew-Mitglied auf Segelbooten, ist ebenfalls ein recht ruhiger Zeitgenosse und kocht gern. Außerdem möchte er möglichst schnell wieder zurück nach Europa. Ich kann mir gut vorstellen, mit ihm sogar bis ins Mittelmeer zu segeln. Allerdings hat er erst kürzlich seine erste Impfung erhalten. Die hier geltende Mindestwartezeit von 9 Wochen bis zur zweiten Impfung lässt die Chancen für eine gemeinsame Reise sehr gering erscheinen.
Islander
Schließlich trafen auch Barbara, Kelly und Cristina mit ihrer Ilander ein. Sie hatten einige Schnorcheltag in der Nähe des Paradise Resort hinter sich. Barbara hat sich inzwischen entgültig dafür entschieden, heimzufliegen. Ich kann das sehr gut verstehen. Ich gebe mir noch maximal 4 Wochen. Wenn es dann keine Möglichkeit der Weiterreise gibt, lasse ich die Aurelia ebenfalls hier und fliege heim.
Gemeinsam mit Kelly und Cristina half ich Barbara hin und wieder dabei, Islander für die Fahrt ins Trockene vorzubereiten. Dazu mussten alle Teile abgebaut werden, die im Falle eines Zyklons davonfliegen können. Auch der Wassermacher musste gereinigt und deaktiviert werden. Da ich auf der Aurelia das gleiche Modell habe, konnte ich dabei gut helfen. Als unerwarteten Dank dafür haben sich meine Lebensmittelvorräte fast um eine Woche erhöht.
Später ging es für Islander zur anderen Seite der Bucht. In der Vunda-Marina werden die Segelyachten für die Zyklon-Saison bis zum Rumpf eingegraben. So sind sie teilweise vor Schäden geschützt. Herumfliegende Gebäudestücke stellen dennoch eine Gefahr da. Glücklicherweise wird die Region nicht oft direkt von einem dieser Zyklone getroffen. Von Vunda aus gibt es ohne Quarantäne kein Zurück mehr. Die Marina liegt außerhalb der Blue-Lane-Zone, in der wir uns frei bewegen können. Barbara muss also allein in die Marina segeln und von dort aus direkt zum Flughafen.
Kelly und Cristina bleiben noch ein wenig in Fidschi. Sie fanden (aus meiner Sicht leider) einen Platz auf einer wesentlich größeren Ketch. Sie liegt derzeit in Musket Cove. So hoffe ich, die beiden noch einmal dort zu treffen. Vielleicht kann ich sie ja doch noch überzeugen, mich zu begleiten.
Planung
Die Vorbereitung der Weiterreise bereitete mir nach wie vor Kopfzerbrechen. Australien, Vanuatu, Indonesien, Thailand, Malaysia – alles geschlossen. Einige bekannte Segler haben mittlerweile den Plan, bis nach La Réunion zu segeln. Das sind von hier aus mehr als 7.000 Seemeilen. Fast doppelt so weit wie meine bisher längste Tour von Isla del Coco nach Nuku Hiva.
Ein Lichtblick ist die Bereitschaft der Marina Del Ray in Lombok, mich mit Diesel und Proviant zu versorgen, falls Indonesien bei Ankunft weiterhin geschlossen ist. Dann könnte ich nach einer 72 stündigen Pause weiter auf die Malediven segeln. Die Gesamtstrecke von 6.500 Seemeilen ist auch nicht ohne Risiken. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die fortlaufende ToDo-Liste für Wartungsarbeiten bereits nach 2.000 Seemeilen eine ausreichende Länge erreicht.
Hinzu kommt das sich langsam schließende Wetterfenster. Der Oktober ist bereits als Übergangsmonat zu betrachten. Spätestens im November sollte man soweit nördlich sein, dass man den sich eventuell herausbildenden Zyklonen rechtzeitig ausweichen kann. Die Wettermodelle geben das mittlerweile her. Vorausgesetzt, man hat auf offener See Zugang zu ihnen.
Vorsichtshalber nahm ich mit einem Agenten aus den Malediven Kontakt auf. Die Inselgruppe im Indischen Ozean darf man derzeit ohne Vorankündigung betreten, allerdings nur für 7 Tage. Die Bearbeitung eines Visum dauert in der Regel länger. Daher ist es ratsam, dies vorab zu anzustoßen. Asad reagierte prompt mit zahlreichen Hinweisen und Tipps. Perfekt! Gemeinsam mit Josi von Yacht Partners stechen sie damit positiv aus der Agentenschwemme hervor.
Ich sammelte alle Unterlagen zusammen und schickte sie nach Male. Jetzt muss ich ihm nur noch einen voraussichtlichen Ankunftstermin melden und alles ist erledigt. Aber 6.500 Seemeilen allein auf See – dazu fehlt mir noch ein wenig der Wille. Ich gebe mir bis Ende August Zeit für eine Entscheidung.
Bis dahin gönne ich mir erst einmal ein freies Wochenende in Musket Cove. Der neue Keilriemen will schließlich getestet und eingefahren werden.
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