Quer über die Karibik
Mit Stefan geht es nun quer über die Karibik. Nach den Zwischenstopps auf Saba und Bonaire wird mit diesem Törn gleichzeitig die erste Etappe der Weltumsegelung in Curacao enden.
Ankunft
Am 24.1. machte ich mich am späten Vormittag auf den Weg in die Dinghy-Bar. Hier nutzte ich bis zum Eintreffen von Stefan das WiFi zur Aktualisierung der Wetterdaten und Blogeinträge. Kurz nach 15:00 Uhr war es dann soweit. Wir hatten uns lange nicht gesehen. Stefan kenne ich seit Anfang der 2000er. Wir haben bereits einige gemeinsame Törn’s mit Skipper Michael erlebt.
Nach dem Begrüßungsbierchen ging es auf zur Aurelia. Sie lag immer noch brav in der Simpson Bay. Der 25-kg-Rocna-Anker hat sie trotz starker Winde, Böen und Wellen aus drei Seiten stabil in Position gehalten.
Maho-Beach
Natürlich können wir Sint Maarten nicht verlassen, ohne noch einmal den Maho-Beach zu besuchen. Also wanderten wir am 25.1. vom Dinghy-Dock zum Ende der Startbahn. Die Stimmung dort lässt sich am Besten mit ein paar Bildern und einem Lande-Video beschreiben:
Überraschend war für mich der Start eines Düsenjets. Der sonst so ohrenbetäubende Lärm der Triebwerke verstummt völlig, wenn man sich genau hinter ihnen befindet. Zuerst fragte ich mich, warum der Pilot das Gas wegnimmt. Kurz darauf spürte ich den Abgasstrahl auf der Brust. Beim Start eines Jumbos soll man sogar ins Wasser gepustet werden können. Leider sind heute nur kleinere Flugzeuge gestartet.
26.1. – Auf nach Saba
Am nächsten Morgen machten wir uns ein letztes Mal auf den Weg an Land. Stefan kaufte noch ein paar Vorräte ein während ich uns dieses Mal vorschriftsmäßig ausklarierte. Dann ging es auch schon los. Natürlich nicht ohne einen letzten Regenschauer.
Die nur 25 Seemeilen von Sint Maarten entfernte Insel Saba erhebt sich steil aus dem Meer. Sie hat nur einen kleinen Hafen für Fischerboote und Fähren. Ankern ist verboten. Wenige Mooring-Bojen ermöglichen es, Station auf der Insel zu machen. Vor dem Hafen waren alle belegt, also schnappten wir uns die letzte freie Boje der Ladder-Bay und nutzen den Abend vor der mehrtägigen Überfahrt zum Baden, Schnacken und Ausschlafen.
Mir ging es allerdings irgendwie komisch. Als hätte ich eine Erkältung. Alles roch und schmeckte fad. Die Nacht verbrachte ich überwiegend auf der Bord-Toilette.
Saba Bank
Am Morgen des 27. starteten wir gleich nach dem Frühstück. Während ich mich noch ein/zwei Mal über die Rehling beugen musste, segelten wir mit sachten 3-5 Knoten über die Saba-Bank. Sie ist ein riesiges Gebiet mit weißem Sandboden. Im Mittel ist die Bank nur 20 bis 30 Meter tief. An einigen Stellen aber auch deutlich flacher. Glücklicherweise ware unsere Karte genau genug. Nach einer letzten Regenzelle besserte sich endlich das Wetter. Leider ging dies auch mit Windstille einher. Nach einem grandiosen Sonnenaufgang über der wie Quecksilber wirkenden Karibik war an Segeln nicht mehr zu denken. Wir mussten uns von der eisernen Fock schieben lassen.
Delphine
In der nächsten Nacht konnten wir wieder segeln. Kurz vor meiner Wache kontrollierte ich noch einmal das Vorschiff. So hatte ich es mir auf dem Atlantik angewöhnt. Nicht umsonst! Der Schekel, mit der die Genua am Boot befestigt ist, hatte sich gelöst. Sie drohte nun, unten einzureißen. Stefan schien recht verblüfft, wie man so etwas mitten in der Nacht feststellen konnte. Es war schnell repariert und ich übernahm die zweite Wache. Am kommenden Tag wurden wir seit langem wieder einmal von Delfinen begleitet. Immer wieder schön:
Bis zum 31.1. war es für uns zwei eine ruhige, fast schon gemütliche Überfahrt. Die zweitgrößte Aufregung war eine ausgefallene Logge. Etwas hatte sich im Sensor verfangen. Stefan probierte es mit einer kurzen Rückwärtsfahrt und siehe da, sie lief wieder. Wer hätte das gedacht.
Bonaire
Dann kamen wir in die Nähe von Bonaire. Der Wind nahm zu, der Verkehr auch. Ein Tanker kam uns recht nah, so dass wir uns mit ihm über Funk abstimmten, wer wen wie passiert. Zwar hat man mit einer Segelyacht Vorfahrt, aber darauf sollte man nicht bauen, wenn einem eine 250 Meter langer Stahlkoloss entgegen stampft. Kurz nach 14:00 Uhr erreichten wir das Bojenfeld von Bonaire. Eigentlich eine ideale Zeit, um eine freie Boje zu finden. Doch heut fand hier irgend ein „Fisching-Event“ statt. Die Marina war voll und die einzige freie Boje so dicht an Land, dass mein Sonar Alarm schlug. Bei einer Anzeige von unter 2 Metern wollte ich mich der Boje nicht mehr nähern, auch wenn Stefan sie fast schon greifen konnte. Schwojen wir später um die Boje herum, wäre ein Aufsetzen auf dem Grund durchaus möglich.
So blieb uns nichts weiter übrig, als nach Curacao weiterzusegeln. Das nagte ein wenig an der Stimmung, die wir mit langsamer Fahrt und einem leckeren Abendessen aufbesserten. Ich war ziemlich müde. Also übernahm Stefan die Wache und weckte mich erst kurz vor Curaçao. Wir suchten uns den erstbesten Ankerplatz aus – die Fuik Bay. Glücklicherweise war die Sicht gut genug, um zu erkennen, dass das Betonnungssytem B, welches in ganz Amerika vorherrscht in Curaçao nicht verwendet wird. Hier gilt, wie fast überall sonst auf der Erde das Betonnungssystem A. Bei diesem befinden sich grüne Tonnen auf Steuerbord und die roten auf Backbord, wenn man Richtung Küste fährt. Beim System B sind die Formen zwar gleich, aber die Farben vertauscht.
Küstenwache an Bord
Die Fuik-Bay ist gut geschützt, aber wenig besucht. Vermutlich, weil ihr Eingang von einem Werk des hiesigen Phosphor-Bergbaus „geschmückt“ ist.
Nach dem Frühsport und -stück machten wir uns auf den Weg zum Einklarieren in Willemstad. Die Hauptstadt liegt südlich des Shottegat, einer großen Bucht, in dem sich der Naturhafen, eine Marina mit Trockendock und Werkstätten aber eben auch Customs, Imigration und Hafenbehörde befinden. Um Einfahrt gewährt zu bekommen, muss man sich beim Hafen anmelden. Dieser lässt dann zu einem geeigneten Zeitpunkt die berühmte Ponton-Brücke öffnen.
Das war dann auch unser Plan. Leider ließ man uns nicht herein und verwies uns auf „Spanish Water“ – die südliche Bucht von Curaçao. Dort sollten wir ohne Genehmigung ankern und mit dem Taxi zurück nach Willemstad kommen.
In Spanish Water liegt auch die Seru-Boca-Marina. Dort habe ich einen Liegeplatz für die nächsten Wochen reserviert. Ich bin mir ziemlich sicher, einmal dort angekommen, fahre ich so schnell nicht mehr los. Also machten wir uns locker und fuhren weiter nach Norden zur wunderschöne Santa Cruz Bay. Leider kam zeitgleich mit uns die Küstenwache an. Direkt vor ihren Augen wollten wir nicht illegal ankern, zögerten daher so lange, bis sie Ihr Speedboot von der Leine ließen und uns mit 5 Mann besuchten. Nach ausführlicher Kontrolle und Befragung gestattete man uns, bis Montag in der Bucht zu bleiben.
Also Anker runter und rein in’s glasklare Wasser. Er hatte sich gut in den Sand gegraben. Der Kiel schwebte einen knappen Meter über dem Grund. Das Blau hier ist unglaublich. Es würde mich nicht wundern, wenn es in Papiamentu – der hiesigen Sprache – zig unterschiedliche Wörter für Türkis gibt.
Wir genossen das Wochenende in der Bucht, besuchten den Strand mit seinem etwas sonderbaren aber netten Captain Goodlife. Seine „Crew“ warf extra für uns den Grill an und servierte uns ein tolles Essen.
Seru Boca Marina
Am Montagmorgen machten wir uns auf den Weg zurück. Gegen den Wind war es weit weniger angenehm als am Samstag. Zurück in Willemstad gewährte man uns wieder keine Einfahrt, also ging es ab in die Seru-Boca-Marina – dem finalen Ziel der ersten Etappe. Die Einfahrt in das Spanish Water ist recht eng und mit flachen Stellen gespickt. Auf der Steuerbordseite liegt das Santa Barbara Beach & Golf-Resort nebst Steg für kleine und große Yachten, einem weißen Sandstrand, einer Strandbar und 18 Golfplätzen.
Nachdem wir uns um eine Halbinsel mit Ferienwohnungen geschlängelt hatten, legten wir in der Seru-Boca-Marina an. Sie ist nicht sehr groß und ziemlich abgelegen, wenn man auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist. Dafür ist es hier sehr ruhig und sicher. Robert, der Manager der Marina, stand bereits auf dem Steg und half uns beim Anlagen.
Nun ist sie also Geschichte, die erste Etappe. Vor etwa 120 Tagen sind wir in Locmiquelic gestartet. Insgesamt 19 Crewmitglieder haben mich auf ca. 6200 Seemeilen begleitet. 74 Tage waren wir auf See. 40 Marinas und Buchten sind wir angelaufen und hatten eine Menge erlebt.
Jetzt brauche ich erst mal einen Rum.
Willemstad
Gleich nach dem Anlegen machten wir uns auf dem Weg zum Einklarieren. Wir fuhren mit dem Kleinbus nach Willemstad. Die Odyssey nahm ihren Lauf. Man hat das Gefühl, das erste Segelschiff zu sein, welches jemals die Insel angelaufen hat. Der Zoll war mit seinem großen Buchstaben auf dem Dach leicht zu finden. Leider war das Gebäude wegen Renovierung geschlossen und der Zoll de facto unbekannt verzogen.
Also machten wir uns auf den Weg zu Immigration. Diese Büro liegt auf der anderen Seite der Bucht im Hafengebiet, welches man nur mit Passierschein betreten darf. Dieser war schnell ausgestellt. Gleich neben Immigration befindet sich das Hafenbüro. Ohne Zollbestätigung darf man sich hier aber nicht anmelden. Also zurück zum Zoll. Nachdem wir uns zur Ersatz-Location durchgefragt hatten war es bereits 16:45 Uhr – der Zoll schließt um 17:00 Uhr. Kein Grund, uns noch einmal die Tür zu öffnen.
So zogen wir unverrichteter Dinge ab und nutzten den nächsten Morgen, die restlichen Formalitäten zu erledigen.
Nahe des Zolls beeindruckte uns die am Kai liegende 92-Meter-Yacht Tatoosh. Sie gehörte dem mittlerweile verstorbenen Microsoft-Mitbegründer Paul Allen. Ob man mit einer Yacht dieser Größe überhaupt noch Spaß haben kann? Als Gast sicherlich, aber als Eigner? Für mich deprimierend: Die Tatoosh hat eine Segelyacht als Beiboot. Sie ist mit 12 m genauso lang wie die Aurelia.
Nach dem die Formalitäten erledigt waren, verbrachten wir den Rest des Tages in der überraschend schönen Stadt.
Abschied
Nach einem weiteren „Dushi Day“ auf Curacao hieß es Abschied nehmen. Die zwei erholsamen Wochen mit Stefan waren schnell vorbei.