Zypern
Nachdem wir am Abend des 16. März 2022 aus dem Suezkanal fuhren und die Ever Given im Sonnenuntergang hinter uns gelassen hatten, ging es direkt auf den Weg nach Zypern. Dort wurden wir früher und anders als erwartet begrüßt:
Seenotrettung
Als wir am späten Nachmittag des 18. März nur noch wenige Meilen vor der Marina Limassol waren, kam es zu einer überraschenden “Begrüßungszeremonie”. Ein SAR-Hubschrauber flog dicht an uns vorbei. So dicht, dass ich mich zu einem Wink-Gruß hinreißen ließ. Dann umkreiste er uns, um anschließend noch viel näher zu kommen. Die Seitentür war offen. Ein Insasse hielt mir ein Schild mit “Ch 69” vor die Nase. Mittlerweile war der Hubschrauber so nah und tief, dass man nichts mehr hören, aber das Wasser aufstieben sehen konnte.
Ich ging hinunter zum Funkgerät und sprach ihn auf Kanal 69 an. Dank des Hubschrauberlärms verstand ich nur einzelne Wortfetzen ohne logischen Zusammenhang. Ich informierte sie darüber, dass ich nichts verstehe, auf dem Weg in die Marina Limassol bin und dort gern weitere Fragen beantworte. Daraufhin verließen sie uns wieder.
Marina Limassol
Wenig später fuhren wir in die supermoderne, komfortable und freundliche Marina ein. Zunächst machten wir auf ziemlich engem Raum, aber ohne Probleme am Empfangs-Steg fest. Mit diesem “großen” Hinweisschild mit einem Hang zum “A” war er allerdings erst auf dem letzten Meter als solcher zu erkennen.
Hier informierte man uns zunächst darüber, dass wir wohl unsere EPRIB ausgelöst hätten, was ich wiederum verneinte. Auch ein Defekt schien ausgeschlossen. Das bestätigte sich am Folgetag, als ich mich beim deutschen SRC nach einem Ereignis mit meiner MMSI erkundigte. In den Aufzeichnungen war nichts zu finden. Damit war das Thema für mich erledigt.
Die Einreiseformalitäten zogen sich hin, hauptsächlich deshalb, weil mein Impfzertifikat aus Französisch-Polynesien inzwischen nicht nur nicht den Anforderungen an ein europäisches Impfzertifikat genügte, sondern auch noch nach europäischen Regeln abgelaufen war. Also musste ein neue PCR-Test her.
Als alle Formalitäten erledigt waren, wurde uns bewusst: Wir sind zurück in der EU! Ein weiterer Meilenstein der Weltumsegelung.
Kleiner Wermutstropfen: Zypern gehört zur Zollunion, allerdings nicht im nahezu grenzfreien Schengen-Raum. Daher wird die Einreise in Griechenland wohl noch einmal etwas aufwändiger.
Mittlerweile war es dunkel. Für mich immer noch ein Grund, nicht in einer fremden Marina herumzukurven. Doch dank der Unterstützung der Marinieros war es kein Problem. Sie brachten uns zu unserem finalen Liegeplatz und besorgten auch noch einen Leihadapter für den hiesigen 32A-Stromanschluss. Normalerweise benötige ich kein Landstrom. Auf Grund der untypischen Kälte waren wir auf ihn angewiesen. So konnten wir uns mit unserem kleinen Heizlüfter im Salon der Aurelia aufwärmen.
Limassol
Am nächsten Morgen begrüßten uns schneebedeckte Berge am Horizont. Noch mussten wir auf unseren negativen PCR-Test warten. Gegen Mittag durften wir von Bord und konnten die Gegend erkunden.
Eines wurde schnell klar. Hier zirkuliert viel Geld. Vor vielen Jahren waren es vermögende Libanesen, die hier vor allem für geflüchtete Libanesen viel Geld in den Wohnungsbau steckten. Nun sind es die vermögenden Russen und Ukrainer, die hier ihr Geld investieren. An jeder Ecke wird gebaut. Auf den Straßen fahren viele Luxuskarossen. Selbst vor dem Marina-Office parkt ein moderner Lambo. Allerdings kann man sich hier offensichtlich die Farbe nicht aussuchen :-).
Die nächsten Tage verbrachten wir damit, die Gegend zu erkunden. Spätestens beim Besuch des hiesigen Marathon-Events wurde klar, wir sind der Heimat schon sehr nah:
In den Tagen genossen wir die Impressionen und Speisen, die uns die Stadt bot. Später stockten wir unsere Lebensmittelvorräte beim Lidl um die Ecke aus. Der erste Lidl, seit ich Europa verlassen habe. Wieder beschleicht mich das Gefühl, dass das Ende der Weltumsegelung nicht abrupt sein wird. Stück für Stück fühlt man sich wieder wie zu Hause.
Kein Wetter zum Weitersegeln
Jeden Morgen studierte ich das Wetter. Es ist wie verhext. Ständig fallen starke Nordwinde mit eisigen Temperaturen aus dem Norden ein. Es wird wohl noch bis Ende März dauern, bis wir nach Kreta aufbrechen können. Bis dahin wollte ich die Wartezeit mit einigen Reparaturen verkürzen und mir meine Booster-Impfung organisieren. Doch weder das eine noch das andere sollte mir vollständig gelingen.
Booster-Impfung
Zunächst zur Impfung. Sie gibt es nur für Inselbewohner. Dass man als deutscher Europäer, der von einer Weltumsegelung kommt, ohne gültige Impfung derzeit kaum nach Hause kommt, interessierte hier keinen. Selbst als mir die Hafenpolizei netterweise ein Landing-Permit ausstellte, wollte die Impfstelle mein Seemannsbuch sehen, was ich natürlich nicht hatte. Dieses wird vom Kapitän ausgestellt, sagte man mir. Dass ich der Kapitän bin und mir nicht selbst ein Seemannsbuch ausstelle, überzeugte sie nicht. Auch ein Anruf bei der Deutschen Botschaft brachte keine Hilfe. Enttäuscht von der Bürokratie und der nationalen Engstirnigkeit in Zypern und Europa gab ich auf. Ich muss mich weiter ohne Impfung durschlagen.
Reparaturen
Toilette Teil 3
Bei den Reparaturen konnte ich zumindest teilweise Erfolge erzielen. Als erstes war wieder einmal die Toilette dran. Für den gerissenen Plastik-Flansch, der den Elektromotor mit der Abwasserpumpe verbindet, fand ich Ersatz in einem nahe gelegenen Ship-Chandler. Die mühsame Reparatur nahm einige Stunden in Anspruch und war zunächst von Erfolg gekrönt. Kurze Zeit später allerdings kristallisierte das Salz des Meerwassers aus, welches zuvor in den Motor gelangt war. Das brachte die Pumpleistung des Motors gegen Null. Ein Ersatzmotor war nicht zu bekommen.
Motorwartung
Der Motor der Aurelia hat mittlerweile 2000 Betriebsstunden auf der Uhr. Das Einstellen der Ventile sollte eigentlich bereits nach 1000 Stunden erfolgen. Unterwegs gab es dazu jedoch keine Möglichkeit.
Zwei Experten kümmerten sich einen Vormittag lang um den Motor und gaben mir das gute Gefühl, nun wieder auf der sicheren Seite zu sein. Die Nachkontrolle des Ölstandes belehrte mich eines Besseren. Es waren etwa 1,5 Liter zu viel drin. Das hätte binnen weniger Stunden den Motor schwer beschädigt.
Das ist bereits die dritte “professionelle” Motorwartung der Aurelia. Alle drei waren Reinfälle. Bei der ersten in Curacao wurde ein falscher Impeller eingebaut. Bei der zweiten in Tahiti wurde der Keilriemen nicht richtig gespannt und hier nun zu viel Öl. Keine gute Quote!
Weiterreise
Ende März zeichnete sich ein Wetterfenster ab, dass uns nach Kreta gelangen lässt. Am Morgen des 28. März brachen wir auf, um die nächsten 400 Seemeilen gen Westen zu segeln. Ziel ist Galini, eine kleine Hafenstadt im Süden Kretas.