Aurelia in Corona-Zeiten
Längst hat uns auch hier in Curacao die Corona-Krise erreicht. Der Virus ist nach heutigen Erkenntnissen – und diese haben schon seit über einer Woche bestand – unter Kontrolle.
In Curacao gibt es 4 Fälle, alle seit längerem in Quarantäne. Es gibt zahlreiche Maßnahmen, an die sich die meisten Leute halten, die ich bisher getroffen habe. Die Marina Seru Boca befindet sich sehr abgelegen im Santa Barbara Plantation. Die Ansteckungsgefahr ist gering. die Sicherheit hoch und man kann 2x pro Woche mit dem von der Marina organisierten Shuttle zum Supermarkt fahren. Kurzum – physisch geht es mir gut. Ich habe nun auch ausreichend Zeit, mich mit meinem Blog und anderen Dingen zu beschäftigen, die auf der ToDo-Liste stehen. Aber gerade ersteres fällt mir momentan noch sehr schwer, weil mir unheimlich viele Fragen und Gedanken durch den Kopf gehen. Einige davon teile ich heut gern mit Euch:
Wie geht es meiner Familie? Wäre es besser, bei ihnen zu sein?
Zunächst einmal drücke ich allen Betroffenen, ihren Familien und Freunden die Daumen, dass sie nicht infiziert werden und falls doch, dann zumindest nicht daran erkranken.
Soll ich mich beim Rückholprogramm anmelden und heimfliegen? Wenn ich zu Hause etwas tun könnte, würde ich es tun. Aber auch dort muss ich erst mal in Quarantäne. Außerdem setze ich mich auf dem Weg dahin mehrfach einem erhöhten Ansteckungsrisiko aus. Also wäre es ein zusätzlicher Aufwand und ein zusätzliches Risiko für die Familie. Macht in meiner Situation also keinen Sinn.
Was wird aus dem Plan der Weltumsegelung?
Das ist vermutlich die interessanteste, aber auch schwerste Frage. In der jüngeren Vergangenheit gab es nahezu stündlich neue Infos über sich verändernde Situationen und Regeln in Curaçao, den umliegenden Inseln und dem Rest der Welt. Auf diesen volatilen Daten einen Plan zu schmieden ist aussichtslos. Aktuell sehen die Fakten wie folgt aus:
- Kolumbien hat die Grenzen geschlossen. Es gibt eine Ausgangsbeschränkung und erste Unruhen zunächst nur in den Gefängnissen.
- Panama hat die Grenzen geschlossen. Vereinzelt gehen noch einzelne Segelboote durch den Kanal, sofern sie vor einiger Zeit eintrafen. Laut einem Agent ist dies gar nicht nur zum Schutz. Vielmehr sind die Kanalmitarbeiter durch die erhöhten Hygieneanforderungen und den damit verbundenen Schwierigkeiten für die Linehandler und den Transport des Equipments (Leinen, Fender) überlastet.
- Curacao hat die Grenzen geschlossen. Einer ankommenden Segelyacht wurde angedroht, sie wieder auf’s Meer zu schleppen. Hat man natürlich nicht gemacht, aber man braucht ja auch ein abschreckendes Beispiel, sonst kommen noch mehr …
- Nahezu alle Marinas/Häfen sind für ankommende Schiffe geschlossen. Nur Dominica, DomRep, Kuba und vielleicht zwei/drei weitere Inseln/Staaten sind noch geöffnet.
Ich denke, es wird in einigen Wochen Änderungen in der Richtung geben, dass man die Grenzen wieder öffnet, Anfangs mit Quarantäne, später wird dann hoffentlich die Zeit auf See mit eingerechnet. Aber wann es soweit ist, steht in den Sternen. Also kann man erst man nur abwarten, hier und da einen Aufruf unterstützen und die ToDo-Liste abarbeiten, soweit das möglich ist.
Ende April wird entschieden. Entweder es geht durch den Panama-Kanal oder zurück nach Europa.
Was passiert mit den Einwohnern?
Für die Inseln haben die Schutzmaßnahmen weitreichende Folgen. Zuerst sind die Gäste weg. Dann verschwindet der Arbeitsplatz. Dann gibt es Ebbe in der Haushaltskasse. Schließlich werden die nötigsten Dinge knapp. Spätestens dann gibt es entweder eine ausreichende inselübergreifende Solidarität oder es gibt Unruhen. Beides gleichzeitig ist wohl am wahrscheinlichsten, falls es keine Gegenmaßnahmen gibt.
Was passiert mit uns Fremden?
Noch sind alle Einwohner, die mir bisher begegnet sind, freundlich und aufgeschlossen. Aber das wird sich ändern, je länger die Maßnahmen andauern. Der Satz „Ihr Ausländer habt uns den Virus gebracht.“ ist auch schon einmal gefallen. Mittlerweile hat sich rausgestellt, dass mindestens ein Inselbewohner ihn nach Curacao gebracht hat. Aber das sollte zählen? Klar, die Mobilität muss drastisch runtergefahren werden, bis man bessere Maßnahmen kennt. Auch klar, dass man die eigenen Einwohner wieder ins Land lässt. Aber macht es einen Unterschied, aus welchem Land der Träger kam? Stirbt es sich mit einem einheimischen Virus angenehmer?
Ist Corona der Killer der Globalisierung?
Ich bin mir sicher, man kann die vermeintliche Schwachstelle der weltweiten Zusammenarbeit in eine Stärke umwandeln und sie weiterentwickeln. Es gibt ja gute, wenn manchmal auch noch etwas spärliche Anzeichen:
- Forscher kombinieren ihre Forschungergebnisse
- Krankenhäuser teilen ihre Kapazitäten
- Rechenkapazität wird weltweit zusammengelegt
- Der internationale Austausch von notwendigen Materialen läuft nach der kurzen Schockstarre wieder an.
- Man nutzt die Informationen aus anderen Ländern, um schneller die richtigen Maßnahmen zu treffen.
Ihr habt weitere Beispiele? Schreibt Sie in die Kommentare!
Always look on the bright side…
Ich denke, man muss sich immer vor Augen führen: Die Maßnahmen retten Menschenleben. Daneben gibt es aber noch weitere Dinge, die man positiv sehen kann:
- Es gibt Zeit zum Nachdenken.
- Bin ich auf dem richtigen Pfad in meinem Leben? Will ich etwas ändern? Was? Was muss ich dafür tun? …
- Sind wir auf dem richtigen Pfad? Was muss geändert werden?Was kann ich dafür tun?
- Die Corona-Maßnahmen werden sicherlich auch die Ausbreitung anderer Viren drastisch reduzieren. Also sinken vermutlich auch die Anzahl der Grippe-, Noro-, Masern- und sonstigen Virus-Erkrankungen. (Warum hört man darüber eigentlich noch nichts?)
- Es gibt Zeit für längst überfällige Einträge auf seiner ToDo-Liste.
- Die Natur kann mal ein klein wenig durchschnaufen.
2 KOMMENTARE
http://horx.com/48-die-welt-nach-corona/
Schaut mal, was es für vernünftige Leute gibt.
Weltweit verordnet innezuhalten und abzuwarten. Wir sitzen auf Lanzarote fest, ein vergleichsweise komfortabler Platz für Ausgangssperre. Liebe Grüße in die Karibik!!