Unterwasseranstrich
Als eine der ersten Maßnahmen wurde an der Segelyacht der Unterwasseranstrich erneuert. Dies war aus zwei Gründen nötig:
- Schutz vor Osmoseschäden
- Schutz vor Bewuchs durch Algen / Pocken und andere Meerestiere
Schutz vor Osmoseschäden
Wie entsteht ein Osmoseschaden?
Zunächst mal muss man zwischen Osmose und Osmoseschäden unterscheiden. Bei der Osmose dringt eine Flüssigkeit mit geringerer Konzentration eines gelösten Stoffes durch eine Membran in die Richtung der höheren Konzentration. Das ist im Normalfall nichts Schlimmes. Die Natur möchte nur ihr Gleichgewicht finden. Nicht so beim GFK-Material. Dringt durch einen Schaden am Rumpf oder eine mangelnde Pflege Wasser in den GFK, wird dieser durch das aggressive Meerwasser angelöst. Dabei entsteht an einer kleinen Stelle Essigsäure in hoher Konzentration und zieht damit weiteres Meerwasser an. Die Stelle wird größer, dehnt sich aus, dass Wasser bahnt sich seinen Weg an andere Stellen des Rumpfes und irgendwann ist der Druck so groß, dass die Beschichtung abplatzt und noch mehr Wasser eindringt. So nimmt eine Katastrophe ihren Lauf. Mehr Wasser dringt ein und schwächt das Laminat. Mit der Zeit wird der Rumpf geschwächt, es droht ein Wassereinbruch der unweigerlich mit dem Untergang endet, wenn man die Osmoseschäden nicht frühzeitig beseitigt und ein weiteres Eindringen von Wasser verhindert.
Schutz vor Bewuchs = Antifouling
Wer schon mal ein Aquarium hatte, kennt das von seiner Scheibe: Im nu ist sie von Algen bewachsen und von Schnecken besiedelt. Nichts anderes passiert mit dem Rumpf eines Schiffes. Wenn man nichts dagegen tut ist es innerhalb weniger Wochen zugewachsen. Der Bewuchs macht das Schiff schwer, langsam und treibt den Treibstoffverbrauch in die Höhe. Um dies zu Verhindern müsste das Boot aller paar Wochen gereinigt werden. Bootswaschanlagen wären da eine gute Idee, haben sich bisher jedoch nicht durchgesetzt. Stattdessen wurden über viele Jahre hochgiftige Stoffe am Schiff angebracht, die ein Bewuchs verhinderten. Die schlimmsten Stoffe sind glücklicherweise inzwischen verboten. Dennoch ist die Vergiftung der Meerestiere immer noch in fast allen Fällen das Mittel der Wahl, wenn es um den Antifoulinganstrich geht.
Selbstpolierendes Antifouling
Für Segelboote werden derzeit üblicherweise „selbstpolierende“ Anstriche verwendet. Dabei löst sich die Farbe im Verlaufe eines Jahres vom Schiff und trägt damit massiv zur Vergiftung der Meere bei. Zu den Stoffen gehören Di-Kupferoxid, Erdöl-Benzole, Xylol und Ehtylbenzol. Beim Lesen der Einstufung ist man verstört:
„Akut toxisch“, „Akut gewässergefährdend“, „langanhaltend wassergefährdend“,
„Entwickelt bei Kontakt mit Säure giftige Gase“, „wird über die Atemwege absorbiert“, „Giftig mit lang anhaltender Wirkung“, „Akut toxisch“, „Langanhaltend Toxisch“ und so weiter und so fort. Am zynischsten finde ich noch den Hinweis, dass die Farbe nicht in Kontakt mit Gewässern kommen soll. Die Auswirkungen beim Menschen lesen sich nicht weniger dramatisch:
- Atemnot,
- Kopfschmerzen,
- Schläfrigkeit und Benommenheit,
- Schwindel/Höhenangst,
- Muskelschwäche,
- Bewusstlosigkeit.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum das Zeug noch zulässig ist. Vielleicht weil es an Alternative mangelt? Mit nichten!
Coppercoat
Eine seit langem vorhandene Alternative ist Coppercoat. Dieser Anstrich ist zwar auch kein Unschuldslamm, aber durch seine geringe Abtragung wesentlich weniger belastend für die Umwelt. Coppercoat hat einen extrem hohen Kupferanteil. Dieser korrodiert mit der Zeit zu Kupferoxid, welches sich dann zusammen mit dem Meerwasser zu Kupferchlorid wandelt, welches im Meer in sehr geringer Konzentration bereits vorhanden ist. Durch die hohe Konzentration am Rumpf lässt es die Meerestiere absterben. Kritisch wird es, wenn der Rumpf bzw. sein unkorrodiertes Kupfer an Korallen gerät. Diese sterben dann recht schnell daran. Für mich also auch keine Alternative. Was also dann?
Silikonbeschichtung
Silikon ist weitestgehend unbedenklich. Nur in extrem hohen Konzentrationen ist auch dieser Stoff – wie fast alle – schädlich. Silikon baut sich leider sehr langsam ab, aber wenn, dann zerfällt es zu Wasser, Sand und etwas Kohlendioxid. Wie soll es dann helfen, den Bewuchs an einem Schiff zu verhindern? Nun, die Beschichtung am Rumpf quillt etwas auf, so dass die Meerestiere „denken“, es ist Wasser. Sie setzen sich also gar nicht erst an.
Leider ist so ein gequollener Anstrich auch leicht verletzlich. Er hält aber mindestens 2 Jahre und lässt sich unterwegs mit einem Schwamm leicht und einfach reinigen. Daher fiel die Wahl nicht schwer:
Aurelia bekommt ein Silikonröckchen
Mitte März war es soweit. Das Schiff kam aus dem Wasser, wurde sorgfältig abgeschliffen, grundiert, noch einmal grundiert, und noch einmal und bekam schließlich ihr kleines Schwarzes angezogen.
Pünktlich am grünen Donnerstag ging es zurück ins Meer. Aurelia war bereit zur Taufe.