Auf nach Sint Maarten
Nach drei Wochen Urlaubssegeln in der Nähe von Martinique geht nun die Reise mit der nächsten Crew weiter nach Sint Maarten. Spätestens am 21.1. müssen wir dort sein.
Endlich in die Marina
Am Abend des 11.1. reisten Manuela und Anselm an. Beide haben großes Interesse am Segeln und freuen sich mit mir auf die Tour nach Sint Maarten. Sie kommen aus dem kalten Deutschland und genießen die karibischen Temperaturen. Aus meiner Perspektive – ich bin ja nun schon einige Wochen hier – sieht das Wetter und seine Prognose eher nicht so rosig aus. Für die nächsten Tage bleibt es böig und regnerisch.
Am Sonntag gab es zunächst einmal die Schiffseinweisung. Die tägliche Anfrage nach einem Liegeplatz endete mit einer überraschenden Antwort: Wir sollen sofort kommen. Mit einer noch nicht eingespielten Crew und Böen, die selbst in der Marina die 20 kn deutlich überstiegen, will ich das eigentlich nicht, aber ich muss das Segel reparieren lassen. Also riskiere ich es.
Hauptdarsteller im Hafenkino
Wir lichteten den Anker und motorten langsam Richtung Tankstelle. Dort wurden wir von einem Schlauchboot der Marina abgeholt und bekamen einen Liegeplatz zugewiesen. Wir fuhren im idealen Winkel durch die Mooringbojen hindurch, auch meine Crew machte alles richtig und übergab die Heck- und Bugleine. Nur der Kollege auf dem Schlauchboot träumte mit dem Festmacher in der Hand, anstatt ihn an der Boje zu befestigen. Dann kam – wie befürchtet – eine starke Böe. Das Bugstrahlruder war machtlos dagegen.
Eigentlich müsste ich nun volle Fahrt nach vorn geben, um das Boot in Position zu halten. Aber der Kollege am Steg hielt die Heckleine nur locker an der Klampe schleifend in der Hand und das Schlauchboot lag direkt vor der Aurelia. So konnte ich nur zuschauen, wie das Schiff nach Steuerbord drehte. Dort waren reichlich 12 Meter Platz doch eine Steg-Kante drohte, sich in die Aurelia zu bohren. Ein Fender und die Crews der umliegenden Boote bewahrten uns davor. Nachdem die Heckleine ausreichend befestigt und das Schlauchboot in Position war, konnte ich die Aurelia mit hoher Drehzahl Zentimeter für Zentimeter in Position drehen. Die Schlauchboot-Schlafmütze machte die Bugleine fest. Alles noch mal gut gegangen.
Dachte ich! Mein Anker hatte es trotz der großen Lücke bis zum benachbarten Katamaran geschafft. Letzteren schmückte nun ein langer Kratzer.
Kennt Ihr dieses unbändige Verlangen aus der Kindheit, die Zeit zurückzudrehen? So ging es mir jetzt. Auch wenn nicht ich, sondern der Mitarbeiter der Marina geträumt hat, letztendlich bin ich als Skipper der Verantwortliche.
Also begab ich mich zum Eigner der Yacht, erklärte ihm, was passiert ist und wir begutachteten den Schaden. Er sagte zunächst kein Wort. Oh weh!
Dann zeigte er mir den Bug seines zweiten Katamarans. “DAS ist ein Schaden.” sagte er, “Der wird morgen repariert. Dann bekommst Du eine Schätzung für den Kratzer”. Nach nicht enden wollenden 24 Stunden traf ich ihn wieder. “Kostet 120 EUR.” Ein wohliges Gefühl der Erleichterung strömte durch meinen Körper. Ich hatte wesentlich mehr befürchtet. Nie habe ich eine Rechnung schneller bezahlt :-).
Segelreparatur
Trotz der Aufregung rund um das Anlegemanöver konnte ich den eigentlichen Grund dafür nicht vernachlässigen. Am Montag bekam ich einen Termin beim Segelmacher. Wir schlugen das Groß ab und brachten es mit dem Plattenwagen zu North-Sails. Nur 24 h später war es repariert. Ich bekam sogar noch eine neue Segellatte mitgeliefert. Die obere hatte den Atlantik nicht überstanden. Ebenso musste ich noch die Reffleinen tauschen. Eine der beiden war am Führungsring, der sich meiner Meinung nach zu hoch am Mast befindet, regelrecht gebrochen. Gut, dass ich es in der Marina und nicht beim Reffen festgestellt habe.
Damit sollten nun auch die letzten Nachwehen der Atlantiküberquerung beseitigt sein.
Während der Reparaturen traf ich die mobile Friseurin aus Mindelo wieder. Sie hatte ebenfalls den Weg in die Karibik gefunden und verdiente sich nun ihren Lebensunterhalt auf Martinique. Dieses Mal nahm ich ihren Service in Anspruch und ließ mir die Haare schneiden.
Ostküste von Martinique
Nachdem mir Manuela und Anselm beim Abschlagen des Segels geholfen hatten, nutzten sie den ungeplant langen Aufenthalt auf Martinique so gut es geht und statteten den atlantikseitigen Buchten von Martinique einen Besuch ab.
Aufbruch nach Norden
Am 15.1. ging es endlich los. Nach dem Ausklarieren ließ ich mich noch schnell mit dem kleinsten Dinghy der Welt fotografieren.
Dann machten wir uns zunächst auf nach Saint Pierre. Wir waren bereits 16:00 Uhr am Ziel. Genügend Zeit für einen kleinen Ausflug und ein Abendessen in meinem Stammlokal. Doch leider ohne mich. Wir hatten auf See eine Salon-Luke offen gelassen. Dank der immer noch recht starken Böen hatte sich einiges Salzwasser den Weg in den Salon gebahnt. Das meiste war bereits verdunstet, doch insbesondere das Schaltpult musste gründlich gereinigt werden. Salzwasser kann hier über die Zeit großen Schaden anrichten. Das sieht man ganz gut am Barometer, welches innerhalb kurzer Zeit korrodierte.
Zu allem Ärger fiel auch noch die Bilgenpumpe aus. GFK-Krümel verhinderten das Schließen eines Ventils. Die Pumpleistung war somit gleich Null. Nach dreimaligen Ausbau, Zerlegung, Zusammen- und Einbau war sie gegen 22:00 Uhr wieder funktionstüchtig. Zu spät für einen Landgang.
Les Saints
Noch vor 8:00 Uhr legten wir am 16.1. in Saint Pierre ab und segelten die 55 Seemeilen nach Portsmouth, Dominika. Hier legten wir nur einen kurzen Zwischenstopp ein und fuhren am nächsten Morgen weiter in die Les Saints. Da es nur 21 Seemeilen waren, blieb uns ausreichend Zeit für einen Landausflug. Mir kam die Pause nach den vielen Reparaturen der letzten Tage sehr gelegen.
Antigua / Jolly Harbour
Unser nächstes Ziel war Antigua. Mit über 80 Seemeilen ist es ein langer Ritt für einen Tag. Daher galt es, sehr früh aufzustehen. Bereits um 03:30 Uhr lösten wir uns von der Mooringboje und machten uns auf den Weg. Knapp 15 Stunden später waren wir nach durchwachsenem Wetter auch “schon” da und ankerten in der Bucht von Jolly Harbour. Für den Inselausflug am Folgetag hieß erst einmal: “Einklarieren”. Gut, dass sich Customs, Imigration und Port Authority im gleichen Gebäude befinden. Damit enden aber auch schon die Effizienzen. Die nächsten 90 Minuten verbrachte ich wie folgt:
- Anmelden in Tor 1 – Customs
- Anmelden in Tor 2 – Immigration
- Kopierer kaputt, zurück zu Tor 1
- Wieder in Tor 2 zum Abschluss des Verfahrens
- Weiter nach Tor 3 zur Zahlung der Ankergebühr.
- Bestätigung in Tor 1 abgeben.
- Zurück zu Tor 2 für die Abmeldung
- Unterschrift in Tor 3 abholen
- Empfang der finalen Unterlagen in Tor 1
Die Crew machte sich derweil schon einmal auf den Weg, die Insel zu erkunden. Nachdem alles erledigt war, konnte ich die Zeit ebenfalls nutzen, Hafen und Kanäle zu erkunden. Irgendwie wirkte die Marina recht verlassen und in Teilen leider sehr vermüllt. Interessanter sind die Kanäle. Sie sind umsäumt von Eigenheimen. Jedes hat seinen eigenen Steg. Eigentlich eine Traumlocation. Allerdings liegt Antigua im Hurrikan-Gürtel. Das wäre mir zu riskant. Sagt der, der den Atlantik in einem 12-Meter-Boot überquerte :-).
Nach ein paar weiteren Regenschauern trafen wir uns für die Rückkehr zur Aurelia am Dinghy. Als ich das angesammelte Regenwasser auskippte, wurde der Akku für den Bruchteil einer Sekunde nass. Leider reichte das für den Wassersensor und der Torqeedo versagte seinen Dienst. Heißt es jetzt 2 km paddeln?
Glücklicherweise nicht. Ein sehr, sehr nettes französisches Paar kam gerade mit ihrem Beiboot an. Während die Frau an Land wartete, nahm ihr Mann mein Bonsai-Dinghi in Schlepp und brachte uns mit seinem leistungsstarken Benziner fast schon in Gleitfahrt zurück zum Schiff. In den meisten Fällen bin ich glücklich mit dem Elektroantrieb, aber hier war es einfach nur peinlich.
21.1.20 Sint Maarten
Zurück auf dem Schiff würden wir am liebsten gleich ablegen und durch die Nacht nach Sint Maarten segeln. Immerhin sind es fast 100 sm. So hätten wir mehr Zeit für die Insel. Leider zeigte die Wetterprognose bis zum kommenden Mittag Böenfelder über 25 kn.
Also blieben wir die Nacht noch vor Anker und brachen erst am Morgen des 20.1. auf. Vormittag nutzten wir noch die Abdeckung und fuhren gen Westen. Anschließend segelten wir mit der Strömung zügig Richtung Sint Maarten. Immer wieder gab es Böen, in denen der Wind in wenigen Sekunden drehte und mehr als 10 kn zulegte. Das war kein angenehmes Segeln. Gut, dass das Gröbste bereits durchgezogen war. Gegen Abend besserte sich das Wetter und wir segelten in einen versöhnlichen Sonnenuntergang. Kurz nach Mitternacht hatten wir es in die Simpson Bay geschafft. Dort trafen wir einen “alten Bekannten”, die Ocean Victory.
Am nächsten Morgen brachen Manuela und Anselm schnellstmöglich zum Flughafen auf. Währenddessen hatte ich so meine Mühe, uns ohne ihre Ausweise einzuklarieren. Nach einigen Telefonaten mit der Crew, dem Flughafen und den Vorgesetzten gelang es schließlich. So konnten wir uns zum Abschluss noch einmal ein paar Flugzeuglandungen am berühmten Maho-Beach anschauen, bevor es für die Beiden wieder heim ging.