
Fatu Hiva
Als letzte Station unserer Marquesas-Tour stand Fatu Hiva auf dem Programm. Die südlichste Insel der Gruppe ähnelt auf der Karte einer nach Westen gebogene Niere. Auf dieser Seite gibt es zwei Buchten. Die nördliche, Hanavava, ist unter Seglern ein beliebter Ankerplatz. Zur südlichen, stärker besiedelten Bucht verirren sich nur wenige Yachten, da das Ankern dort noch schwieriger ist als im Norden. In Natura bietet die Insel eine wundervolle Berglandschaft, wie man sie sich kaum schöner vorstellen kann.
Anreise
Die 46 Seemeilen von Hiva Oa nach Fatu Hiva sind eine perfekte Tagesdistanz. Wir brachen am frühen Morgen auf. Nach kurzer Zeit des Motorens aus der Bucht konnten wir die Segel setzen. Abgesehen vom Windschatten durch die östlich zu passierende Insel Motane bescherten uns stabile Westwinde eine Fahrt von 6-7 Knoten auf dem Steuerbord-Bug.
Kurz nach der Abfahrt mussten wir feststellen, dass sich Lisa wohl bereits auf ihrem Landaufenthalt in Nuku Hiva ein paar ungewollte Bewohner in ihren Haaren eingefangen hat. Das ist ein schlechtes Timing. Ich war gerade erst am Vortag in der Apotheke und hätte ein entsprechendes Mittel mitbringen können. Statt dessen rückten wir den Plagegeistern mit Essig für den Kopf, Chlor für die Wäsche und einer gründlichen Kontrolle unserer Köpfe zu leibe.
Ein weiteres Problem zeigte sich in der Vorschiff-Kabine. Am Fenster der Steuerbordseite fand ich bereits auf den Weg nach Anaho Salzwasser. Da wir heute ähnliche Segelbedingungen hatten, kontrollierte ich das Fenster und fand eine wesentlich größere Mengen Salzwasser darunter. Das finde ich gar nicht lustig. Hier kommt wohl einige Arbeit auf mich zu.
Ohne diese zwei Entdeckungen wäre es ein optimaler Segeltag gewesen. In Fatu Hiva angekommen, versuchten wir zunächst vergeblich, im flachen Bereich der Bucht zu ankern. Ein Pärchen aus Österreich hat uns dabei beobachtet und kam sofort mit ihrem Dinghy und ein paar Tipps vorbei. Schließlich ankerten wir in knapp 20 m Tiefe. Es war das erste Mal, dass die 60-Meter-Kette, die mir Michael aus Bremen mitbrachte, etwas knapp wurde. Komplett herausgelassen bot sie jedoch ausreichend Halt für die nächsten eineinhalb Tage.
Dank des guten Windes hatten wir noch ausreichend Zeit für einen kleinen Strandausflug. Ich blieb wieder einmal an Bord. Mir ging es zwar inzwischen deutlich besser als am Vortag in Hiva Oa, aber das Vertrauen in den Ankerhalt war noch nicht ausreichend da. Also nutzte ich die Chance und lud die Österreicher auf ein Bierchen ein, um mich für ihre Tipps zu bedanken. Ich genoss natürlich auch das erste Gespräch auf Deutsch seit Maya das Boot verlassen hat.
Omoa
Am nächsten Morgen brachte ein Einwohner der Bucht Sheila und Lisa nach Omoa. Sie wollten dort eine Apotheke finden, um etwas gegen die Kopfläuse zu bekommen. Als Rückweg wählten sie den 17 km langen Wanderweg zurück zu unserer Bucht.
Ich nutzte die Zeit, um mich um das undichte Fenster der Bugkabine zu kümmern. Der erste Versuch einer Abdichtung von innen ließ erkennen, dass da nichts auszurichten ist. Also musste ich mich mit dem Dingy dem Problem von außen nähern. In mühlevoller Kleinarbeit entfernte ich die alte Dichtmasse sorgfältig bis auf das letzte Krümel und entdeckte schließlich die undichte Stelle in der rechten oberen Kante des Fensters. Hier war der Abstand zum Glasfaser des Rumpfs so klein, dass die dünn aufgetragene Dichtmasse ihren Dienst versagte. Nachdem alles gereinigt war, brachte ich die neue Dichtmasse auf, was auf Grund meiner Position auf dem Dinghy und dem Seegang kein leichtes Unterfangen war. Entsprechend unästhetisch sieht das Ergebnis aus. Aber es ist 100% dicht und das ist die Hauptsache.
Erst als ich zurück auf dem Boot war, merkte ich, dass meine Waden und Oberschenkel in den letzten 3 Stunden Schwerstarbeit geleistet hatten. Sie glichen während meiner Fugenfrickelei die Wellen aus und waren entsprechend erschöpft. Doch darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen, wenn ich auch noch etwas von dieser wunderschönen Insel sehen wollte. Also gönnte ich ihnen nur 20 Minuten Entspannung. Dann ging es auch für mich an Land.
Hanavava

Was für ein Anblick. Die Landschaft ist so traumhaft!
Nach wenigen hundert Metern zu Fuß traf ich die ehemalige Lehrerin der Insel. Sie war inzwischen im Ruhestand und nutze den gemeinsamen Weg mit mir, ein wenig über die Geschichte der Insel und die Probleme für die Zukunft anhand ihrer Kinder und Enkel zu erzählen. Als wir ihr Haus erreichten, ging es für mich allein weiter in die Berge. Ich wollte Lisa und Sheila so weit wie möglich entgegen laufen, um mit ihnen anschließend einen letzten Wasserfall zu besichtigen. Ich traf die beiden auf einem Truck, den sie sich geangelt hatten, um mich rechtzeitig am Abzweig zum Wasserfall zu treffen. Wir fuhren ein Stückchen gemeinsam zurück. Dann wanderten wir entlang einer halb-wilden Bananenplantage Richtung Wasserfall. Dort angekommen, gab es wieder einen dieser Momente, die man sich gar nicht so schön erträumen kann:
Auf dem Rückweg hielten wir bei einem Farmer, der für uns eine Kiste Obst zusammengestellt hatte. Sie wird uns auf dem Weg zu den Tuamotus und darüber hinaus mit genügend Vitaminen versorgen.

Anschließend ging es zurück aufs Schiff. Und so sieht meine “erschöpfte” Crew nach fast 20 km Wanderung aus. Unglaublich, diese Energiebündel!

Zurück an Bord genossen wir beim Abendessen und einem Drink den wunderschönen Sonnenuntergang. Dann wurde es jedoch noch einmal brenzlich und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Trotz der jüngsten Regenfälle war es auf den Marquesas in diesem La Niña-Jahr viel zu trocken. Die Insel quittierte es mit diversen Buschbränden, deren Folgen wir bereits auf unser Wanderung betrachten konnten. Dass wir es nun aber so hautnah erleben, hätten wir nicht gedacht.
Lisa war sichtlich beunruhigt und wollte am liebsten sofort ablegen. Sheila sah es etwas entspannter. Ich war mir noch nicht so ganz sicher, was ich davon halten sollte. Mit jeder Böe frischte das Feuer auf. Teilweise regnete Asche auf das Schiff. Lautes Knistern, Knacken und Knallen ließ erahnen, dass das Feuer auch hinter den Hängen wütete. Als es dunkel wurde, konnte man das Ausmaß des Feuers sehen.
Ich war erschöpft und müde von diesem Tag und wollte vermeiden, sofort aufzubrechen. Viel lieber wollte ich einen gemütlichen, entspannten Abend mit Sheila und Lisa verbringen. Damit war es nun leider vorbei. Wir teilten uns die Nacht in mehrere Abschnitte ein, in denen wir abwechselnd die Lage prüften. Letzten Endes schlief auch das Feuer ein und wir konnten wie geplant am nächsten Morgen Richtung Tuamotus starten.