
Letzter Halt in Bora Bora
Meine letzte Station in Französisch-Polynesien ist Bora Bora. Die für ihre luxuriösen Resorts mit Traumstränden und glasklarem Wasser bekannte Insel gehört zu den westlichsten der Gesellschaftsinseln. Hier befindet sich die letzte Ausklarierungsmöglichkeit vor den Fidschi-Inseln. Mein Ziel ist es, möglichst zügig alle Formalitäten der Weiterreise zu erledigen, um anschließend den Kopf für ein paar erholsame Tage frei zu haben.
Anreise
Die etwa 150 sm bis Bora Bora sind in etwas mehr als einem Tag zu schaffen, wenn ausreichend Wind weht. Also lichtete ich im Morgengrauen des 31. Mai in Tahiti meinen Anker. Ein letztes Mal nahm ich Kontakt zu Port Control auf und lies mir die Strecke durch die Einflugschneise des Flughafens und die Ausfahrt aus dem Hafenbereich freigeben. Dann ging es erneut an Moorea vorbei. Erst hier konnte ich den Motor ausschalten und ausschließlich mit Windkraft vorankommen.
Als ich am nächsten Morgen westlich von Raiatea nach Norden segelte, konnte ich ein bemerkenswertes Wolkenschauspiel beobachten. Es sah aus, als würde Petrus eine Schüssel Wasser auskippen. Zeitgleich schlief der Wind wieder ein und zwang mich zu weiteren Motorstunden. Erst kurz vor Bora Bora frischte er wieder auf. Nach über 30 Stunden Fahrt war ich jedoch zu faul, die mittlerweile ordentlich verpackten Tücher wieder herauszuholen. Mit Motorkraft ging es nach wenigen Meilen durch den komfortablen Pass direkt zum nächstgelegenen Bojenfeld des Bora Bora Yachtclubs.
Ankern ist in Bora Bora zum Schutz der Unterwasserwelt untersagt. Im Gegenzug werden an verschiedenen Stellen kostenpflichtige Mooringbojen angeboten. Der Preis ist moderat und für einen sicheren Liegeplatz mit Müllentsorgung am Boot, Dinghydock und Zugang zu weiteren Services durchaus angemessen.
Für heute begnüge ich mich jedoch mit einem Hinano aus dem Kühlschrank und „genieße“ für den Rest des Tages das Bojenkino. Seit heute ist Französisch-Polynesien wieder für amerikanische Urlauber geöffnet. Auf dem Charterkatamaran der Nachbarboje haben sich bereits einige eingefunden. Es sind die ersten Trump-Voter, die ich zu Gesicht bekomme. Sie haben eine riesige Trump-Fahne mitgebracht und am Heck des Katamarans befestigt.
Müde von der Überfahrt hielt mich das Gegröle auf dem Kat nur kurzzeitig vom Schlafen ab.
Erster Eindruck
Als ich am Morgen des 2. Juni die erste Runde durch die Stadt drehte, war ich überrascht, wie viele Leute auf der Straße waren. Ich hatte mir eine Urlaubsinsel ohne Urlauber vorgestellt. Nur am Hafen war es wie ausgestorben. Die Hauptstraße leistete sich sogar eine Rush-Hour.
Neben vielen Perlengeschäften fand ich zwei Lebensmittelläden. Die Preise hier sind zwischen 10% und 50% höher als in Papeete. Aber man bekommt alles, was man zum Leben benötigt.
In einem Baumarkt bekam ich endlich eine neue mobile Akku-LED-Leuchte. Ihr Vorgänger auf der Aurelia, ein mühsam entrostetes und gepflegtes Öllampen-Imitat, hat sich der Korrosion ergeben. Die neue ist etwas futuristisch und lässt sich nur über 230 V aufladen, liefert jedoch endlich wieder ausreichend Licht für einen Abend im Cockpit.
Einige Gehminuten später fand ich die Klink, in der ich später den Covid-Test machen wollte. Sie verwiesen mich jedoch auf einen anderen Arzt, der dies kostenpflichtig für die Segler durchführt. Dort holte ich mir einen Test-Termin für den kommenden Montag.
Da die Gendarmerie ebenfalls auf der Strecke lag, ließ ich mir gleich die Unterlagen für die Ausklarierung geben und mir erklären, dass ich selbige einige Tage vorher abgeben möge, da die Ausklarierung selbst in Papeete stattfindet.
Das war genügend Ausflug für den ersten Tag. Zurück im Yachtklub gab es eine Pizza, bevor es mit dem Dinghy zurück auf die Aurelia ging.
Wandern
An einem der folgenden Tage machte ich mich auf zum Mount Pahia. Zunächst hatte ich Schwierigkeiten, den Eingang zum Wanderweg zu finden. Die ausgewiesene Strecke war mittlerweile Privatgelände. Durch den Umweg über die nördliche Route gelangte ich zu einer Kanonenstation, die wohl noch aus dem 2. Weltkrieg stammt.
Zu der Zeit waren hier mehrere tausend US-Soldaten stationiert. Schon interessant, wo die US-Amerikaner überall gegen die Achsenmächte gekämpft haben. Hier jedenfalls nicht. Es war nur ein Versorgungsstützpunkt. Berücksichtigt man Lage und Geografie von Bora Bora, vermutlich auch einer der unsinnigsten.
Auf dem weiteren Weg musste ich feststellen, dass ich wieder den falschen Weg gewählt hatte. Ein steiler Felsen versperrte den direkten Aufstieg. Der Wanderweg führte mich nun entlang der steilen Kante um den Mount Pahia und anschließend zurück in die Stadt.
Unterwegs fand ich einige kleine Müllplätze. Wer zur Hölle kommt auf die Idee, seinen Müll hier hochzutransportieren? Es ist ja nicht so, dass es hier keine Alternativen gibt. Entlang der Hauptstraße sind in unregelmäßigen Abständen ausreichend Mülltonnen zu finden.
Schnorcheln
Einen weiteren Ausflug unternahm ich zum unausgewiesenen Korallenriff direkt neben dem Bojenfeld. Ich genoss das klare Wasser und den Anblick zahlreicher Fische rund um die sich wacker am Leben haltenden Korallen. Aufnahmen gibt es auf Grund der zerstörten GoPro leider nicht.
Vorbereitungen zur Abreise
Zwischen den kleinen Ausflügen bereitete ich mich auf meine erste große Single-Handed-Passage vor. Beim Studieren des Wetterberichts deutete sich eine Verzögerung an. Südlich von Bora Bora zog ein kräftiges Tief vorbei, dessen Ausläufer auf dem Weg nach Fidschi zu spüren sein werden. Ich verschob daher noch einmal die Ausklarierung und den Covid-Test um 3 Tage.
Das Ausfüllen der Ausklarierungsunterlagen war wie immer eine nervige Angelegenheit. Nicht weniger spaßfrei aber wichtig war die erneute Lebensmittelinventur. Seit Beginn der Covid-Kriese bin ich bestrebt, den Nahrungsmittelvorrat auf der Aurelia konstant auf über 100 Personentage zu halten. Durch das schrittweise Nachkaufen zeigte sich, dass Büchsengemüse offensichtlich nicht zu den Favoriten der bisherigen Crew gehörte.
Zu guter Letzt ging es auch noch einmal mit dem Dinghy und zwei Kanistern zur nächsten Tankstelle. Ich wollte mit maximalen Treibstoffreserven die fast 2000 Seemeilen nach Fiji antreten.
Letzte Runden
Nachdem alles vorbereitet und auch die Tiefdruckausläufer vorbeigezogen waren, fuhr ich mit der Aurelia ein wenig weiter nach Süden und fand direkt vor der berühmten Bloody Mary eine freie Boje.
Von hier aus ging es am Donnerstag zum Covid-Test. So zumindest der Plan. Leider gab es an diesem Tag nicht den geplanten Flug nach Papeete, mit dem die Probe ins Labor geht. Daher musste der Test noch einmal um einen Tag verschoben werden. Das ist problematisch, weil damit das Ergebnis vermutlich erst am Samstag vorliegt. Das wiederum macht es unwahrscheinlich, noch vor dem Wochenende die Einreisegenehmigung für Fiji zu erhalten. Dadurch könnte sich die Abreise noch einmal um weitere Tage verschieben und mit etwas Pech auch noch einen weiteren Covid-Test nach sich ziehen, da die 72h nicht eingehalten werden können. Mein Agent Josephine von Yachtpartners in Fiji gab jedoch Entwarnung und versicherte mir, dass auch am Samstag die Genehmigungen ausgestellt werden.

Also nutzte ich den Donnerstag für einen Ausflug zum südlichen Ende der Insel. Hier befinden sich die schönsten Resorts und Strände. Für Außenstehende sind die Strände jedoch mit einer hohen Mauer geschützt. Man muss die Hand mit der Kamera schon recht weit nach oben strecken, um ein Bild davon zu erhaschen.
Eine lustige Analogie zu Deutschland: Während man vor einer heimatlichen Bar in der Regel auch einige Motorräder findet, sind es in Bora Bora Jetskis.
Auf dem Rückweg stattete ich der Bloody Mary noch einen Besuch ab und genoss den letzten Burger vor der Überfahrt.
Am Freitag fuhr ich zum Covid-Test und klarierte auch gleich bei der Gendarmerie aus. Leider war das offizielle Clearing-Dokument nicht auffindbar. Ich musste also am Nachmittag noch einmal losziehen, um das neu angefertigte und das inzwischen wieder aufgetauchte Dokument in Empfang zu nehmen.
Den Samstag verbrachte ich zunächst mit dem Warten auf den Covid-Test und anschließend mit dem Warten auf die Einreisegenehmigung für Fiji. Die Zeit nutzte ich für die segeltechnische Vorbereitung der Aurelia für die Überfahrt. Das nachfolgende Bild lässt vielleicht erahnen, dass dies nicht in wenigen Minuten erledigt war. Hinzu kommt, dass es mir immer wieder schwer fällt, mich auf etwas vorzubereiten, was noch gar nicht sicher ist.
Erst als um 16:30 Uhr die Einreisegenehmigung eintraf war ich froh, dass einschließlich dem Dinghy alles verstaut war. Nun konnte ich beruhigt in die Koje. Morgen beginnt ein langer „Tag“. Ich werde 2-3 Wochen auf See sein und nahezu nie mehr als 40 Minuten am Stück schlafen.

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