Letztes Südseefeeling in den Malediven
Die Inselkette mit ihren traumhaften Stränden inmitten des Indischen Ozeans beginnt südlich des Äquators und reicht etwa 500 Meilen Richtung Norden. Uligan ist die nördlichste der drei von 1196 Inseln, auf denen man in den Malediven einklarieren kann. Sie liegt nahezu direkt auf dem Weg ins rote Meer und ist damit unser idealer Zwischenstopp, solange wir keine technischen Probleme haben.
Uligan
Traumhafter Ankerplatz
Die Malediven sind nicht gerade bekannt dafür, viele gute Ankerplätze für Segler zu besitzen. Jenseits der Korallenriffe, die die Inseln umgeben geht es steil abwärts. Guten Ankergrund findet man meist bei 40 m bis 60 m Tiefe. Zwar ist die Kette der Aurelia 60 m lang und könnte auch noch mit einem Seil verlängert werden. Auf die dreifache Länge, die man mindestens ausbringen sollte, komme ich aber nicht. Eine weitere Schwierigkeit sind die ungenauen Seekarten.
Daher war ich sehr froh, als mir der Agent einen Malediven-Guide mitbrachte. In ihm waren einige gute Ankerplätze verzeichnet. Darunter auch der, auf dem wir uns gerade befinden. Je nach Tide und Lage der Aurelia hatten wir zwei bis vier Meter Wasser unter dem Kiel. Zur aktuellen Nipp-Zeit, in der die Wassertiefe nicht so stark schwankt, liegen wir hier gut. Zur Spring-Zeit könnte es knapp werden, wenn die Aurelia über die Korallen schwojet.
Der Vorteil dieses flachen Ankerplatzes ist zum einen die Nähe zum Hafen von Uligan, zum anderen bietet er auch unglaubliches Urlaubsfeeling. Betritt man die Badeplattform, kann man bis auf den Grund sehen. Kleine Fische tummeln sich unter der Aurelia. Fast jeden Morgen werden wir von Mantas besucht. Häufig auch von Delfinen. Manchmal kommen sie zu hunderten vorbei.
Selbstverständlich sprangen wir gleich nach der Erledigung der Formalitäten und dem obligatorischen Ankerbier, das wir seit Batam sorgsam aufgespart hatten, ins wunderbar warme Wasser.
Landgang
Anschließend holten wir das Dinghy heraus und machten uns auf den Weg zum ersten Landgang seit Sabang. Uligan ist nur etwa eineinhalb Kilometer lang und wenige hundert Meter breit. Auf der Insel sind ca. 500 Menschen gemeldet. Tatsächlich leben nur etwa 300 permanent auf ihr. Hier kennt jeder jeden. Alle sind sehr freundlich aber deutlich zurückhaltender als in Indonesien. Die täglich mehrmals zu hörenden Muezzins zeugen von einer starken muslimischen Prägung. Alkohol gibt es auch hier nicht zu kaufen. Jedoch fanden wir ein Lebensmittelgeschäft, in dem man alles für den täglichen Bedarf kaufen konnte, einschließlich Zucker und Ingwer. Wir können also weiterhin unser eigenes Bier brauen. Der weitere Rundgang ließ eine sehr schöne Insel mit traumhaften Stränden erkennen.
Doch auch hier kommt man nicht umhin, von der unglaublichen Plastikverschmutzung zu berichten. Der Süden der Insel und die Ortschaft wird sehr sauber gehalten. Im nördlichen Mini-Dschungel und an der Nordküste findet man unzählige Plastikflaschen und weitere teilweise schon sehr klein zerteilte Plastikschnipsel. Ein Teil dieser gigantischen weltweiten Umweltverschmutzung ist bereits in unserem Blut angekommen, wie niederländische Forscher jüngst bewiesen haben. Welche Folgen das hat, weiß noch keiner.
Zurück im Dorf traen wir zwei Einwohner, die gerade dabei waren, eingesammelte Kokosnüsse für den Verzehr vorzubereiten. Assad war ebenfalls dabei und öffneten ein paar für uns. Die gelben kleinen Kokosnüsse hatten die perfekte Reife. Man konnte zunächst den erfrischenden Saft trinken und anschließend noch das gelartige Fruchtfleisch essen.
An vielen Stellen fanden wir seltsame mit Netzen bespannte Gestelle. Sie sahen aus wie Stände, auf denen man Obst und Gemüse verkaufen kann. Später stellte sich jedoch heraus: Es sind Bänke, auf denen die Einwohner sitzen oder besser liegen.
Wartung
In den nächsten Tagen genossen wir überwiegend die Traumurlaubsstimmung. Nebenbei kümmerte ich mich ein bisschen um die Aurelia.
Das Funkgerät scheint defekt zu sein. Es empfängt nach wie vor, kann aber nicht senden. Es muss ein neues her. Assad, unser Agent, gab mir den Kontakt zur Wind Hog. Der Katamaran befand sich in Male und damit in der Nähe einiger Schiffsausstatter. Bev und Craig, die Crew der Wind Hog, reagierten sofort und machten sich auf den Weg. Neben einem neuen Funkgerät konnten sie auch neue Diesel- und Ölfilter für mich erstehen. Beide werden noch vor Jahresende nach Uligan segeln.
Die Kontrolle des Getriebeöls offenbarte ebenfalls keine vollständige Entwarnung. Es war wieder etwas Wasser eingedrungen. Ein weiterer Ölwechsel war fällig.
Das Ruder lässt sich seit Lombok immer leichter bewegen. Eine Kontrolle des Lagerspiels ließ jedoch kein übermäßig großes Spiel erkennen. Es wird wohl mit relativ großer Sicherheit bis Portugal durchhalten.
Auf dem Weg nach Uligan ist uns bei einer Windböe das Lazyjack auf der Steuerbordseite gerissen. Auf dem Weg hierher konnte ich eine Leine über die untere Saling werfen und so verhindern, dass das Segel beim Bergen vom Baum fällt. Hier in der ruhigen See vor Anker konnte wir es nun richtig reparieren.
Robinson Jakub
Jakub nutzte die Tage für einen kleinen Robinson-Ausflug. Mit dem Dinghy und ausreichend Proviant machte er sich auf den Weg zur zwei Seemeilen entfernten, unbewohnten Insel Vagaaru. Am nächsten Tag wollte er gegen Sonnenuntergang wieder zurück sein. Die Strömung und der Seegang könnten es ihm jedoch schwer machen, zurückzukehren. Daher bat ich ihn, zwei Stunden vorher da zu sein, um ihn im Falle eines Falles noch bei Tageslicht mit der Aurelia abholen zu können.
Der Ausflug war jedoch so schön, dass er es vergaß. Als am folgenden Tag die Sonne schon fast hinter dem Horizont verschwand und noch kein Jakub zu sehen war, begann ich mir Sorgen zu machen. Schließlich kontaktierte ich Assad. Wir wollten ihn gerade mit dem Motorboot suchen, als ich am Horizont einen kleinen Punkt ausmachen konnte. Nach und nach wurde er größer. Schließlich konnte ich das Dinghy erkennen und Entwarnung geben.
Als er an Bord kam, musste ich meinem Ärger zunächst Luft verschaffen. Nach einer ernsten Diskussion haben wir es jedoch geschafft, das Thema ad-acta zu legen. Gut, dass wir beide dazu in der Lage sind. Schließlich wollen wir noch eine lange Strecke gemeinsam nach Europa segeln.
Heiligabend auf Govvaafushi
Am 23. Dezember ging es mit der Aurelia zur äußerst kleinen Insel Govvaafushi. Sie hat einen Durchmesser von nur etwa 100 Meter und ist völlig unbewohnt.
Sie wird lediglich von Schnorchlern und Tauchern der nahegelegenen Hotelinsel besucht. Gern hätten wir auch diese Insel besucht. Auf der 5-Sterne-Hotel-Insel, dessen Hotelzimmer um die Weihnachtszeit weit mehr als 1000 EUR pro Tag kosten, sind wir als Segler jedoch unerwünscht. Sehr schade!
Heiligabend verbrachten wir auf der einsamen Insel. Wir suchten uns etwas Holz für ein kleines Lagerfeuer. Darauf grillten wir die bereits in Batam erstandenen Bratwürste. Dazu gab es – wie es sich für einen echten Heilig Abend gehört – Kartoffelsalat.
Kulhudhuffushi
Weihnachten wird auf den Malediven nicht gefeiert. Nur auf den Hotelinseln wird es zelebriert. So konnten wir am folgenden Tag nach Kulhudhuffushi (ich liebe diesen Namen) segeln. Die Stadt-Insel bietet einige Einkaufsmöglichkeiten. Neben unserer Proviantierung für die nächste Passage wollte ich mich hier um meine Booster-Impfung und Diesel kümmern.
Nahe der Insel gibt es keine Ankermöglichkeiten. Eines der Hafenbecken ist jedoch tief genug für die Aurelia. So konnten wir – wenn auch nicht sehr komfortabel – seitlich am Pier festmachen, bevor die insgesamt eher enttäuschenden Stunden auf der Insel begannen.
Zunächst durften wir nicht an Land. Trotzdem uns der Agent angekündigt und alle notwendigen Unterlagen übersendet hatte, verweigerte man uns den Landgang. Erst am Abend bekamen wir das OK. Zu spät für einen Landgang.
Als wir am nächsten Tag die Insel besuchten, fand ich gleich in der Nähe des Hafens das Hospital. Man hätte uns sogar eine Impfung ermöglicht, jedoch fanden an diesem Tag aus logistischen Gründen keine Impfungen statt. Der nächste Termin ist erst in einer Woche – zu spät für uns.
Auch der Versuch, Diesel zu bunkern, scheiterte. Zum einen sah die Tankstelle wenig vertrauenswürdig aus, zum anderen muss hierfür beim Zoll ein Antrag gestellt und bewilligt werden. Insgesamt dauerte das Prozedere länger als unser Aufenthalt.
Lediglich der Spaziergang durch die Gassen der Stadt und einige Besorgungen für die nächste Passage nach Djibuti ließen die Reise nach Kuhlhudhuffushi nicht ganz sinnlos erscheinen.
Zurück in Uligan
Am 27. Dezember segelten wir zurück nach Uligan. Kurz darauf erreichten zwei weitere Segelyachten die Insel. Zunächst kamen Siegfried und Walter mit ihrer Pegasus an. Sie hatte ich bereits in Tahiti und in Denarau getroffen. Beide freuten sich über zwei kalte Biere aus unserem Kühlschrank. Ihrer hatte schon vor einiger Zeit den Betrieb eingestellt.
Tags drauf erreichte die Wind Hog ihr Ziel. Craig übergab mir die Filter und – viel wichtiger – das neue Funkgerät. Auf die Schnelle bedankte ich mich zunächst mit einem weiteren Bier aus der eisernen Reserve.
Sofort machte ich mich an die Arbeit und kämpfte mich durch das Kabelgewirr. Es stellte sich heraus, dass nicht nur das Funkgerät defekt war. Es gab offensichtlich auch erneute Kontaktprobleme zur Mast-Antenne. Nach gründlicher Reinigung aller Verbindungen und langwierigen Tests, bei denen mir Bev als Gegenstelle half, konnte ich wieder senden. Auch der Empfang scheint nun besser zu sein. Ich kann AIS-Signale größerer Schiffe aus bis zu 20 Seemeilen Entfernung empfangen. Ein späterer Test zeigte, dass Gespräche über VHF bis etwa 10 Seemeilen möglich sind. Leider erkennt das Funkgerät das System-GPS nicht. Daher muss ich nun im Falle eines Notfalls auf die automatische Übermittlung meiner Koordinaten via DSC verzichten und sie mündlich durchgeben.
Die nächsten Tage trafen wir uns häufig mit den Crews der Pegasus und der Wind Hog. Am Silvesterabend lud uns Assad zu sich nach Hause ein. Seine Frau bereitete uns ein tolles Abendessen. Leider hatten die beiden Gastgeber an dem Abend nur wenig Zeit. Gern hätte ich mich mehr mit Assad und seiner Familie unterhalten.
Grillfest
Das inselweite Grillfest Uligans wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Ursprünglich war es für Neujahr geplant, wurde dann aber auf Grund eines Covid-Falls um einige Tage verschoben.
Den ganzen Tag über wurde das Grillfest vorbereitet. Fischer zogen los, um ausreichend Fisch zu fangen. Andere bauten den etwa 50 Meter langen Grill auf, bereiteten das Essen vor und sorgten für ausreichend Sitzgelegenheiten. Schon Tage zuvor hatte man uns herzlich eingeladen. Wir boten unsere Mithilfe bei den Vorbereitungen an, die aber nicht vonnöten war.
So fuhren wir am Nachmittag mit dem Dinghy an Land und genossen das Event:
Vorbereitung zur Abreise
Langsam aber sicher ging unsere Zeit auf den Malediven zu Ende. Die Vorbereitungen auf die knapp 2000 Seemeilen nach Djibuti nahm immer mehr Zeit in Anspruch. Die Wetterprognose legte eine Abfahrt am 6. Januar 2022 nahe.
Ich nahm erneut Kontakt zu MSCHOA und UKMTO auf und aktualisierte unsere Reisedaten. Die beiden militärischen Organisationen sichern die Route entlang Somalia und Jemen, auf der es zuvor zu etlichen, teils gewaltsamen Übergriffen durch Piraten kam. Seit einiger Zeit nehmen diese ab. Segler wurden seit Jahren nicht mehr behelligt. Allerdings gibt es auch nicht viele von uns, die diese Route in den letzten Jahren wählten. Daher bleibt ein mulmiges Gefühl, zumal wir in dieser Saison nahezu die ersten sind, die den Weg gehen. Über meinen Umgang mit dem Piratenrisiko werde ich demnächst in einem separaten Artikel berichten.
Neben den Vorbereitungen blieb ausreichend Zeit, die letzten Stunden in den tropischen Breiten zu genießen. Zwar erwartet uns auch in Djibuti noch warmes Wetter, doch ein Baden im glasklaren Wasser wird im dortigen Hafen schwer möglich sein.